Chor begeistert mit Messe - Wetzlarer Neue Zeitung

25.10.2011

Chor begeistert mit Messe

140 Sänger und Musiker wirken mit / Zuschauerzahl enttäuschend

Mit der Reformationssinfonie von Felix Mendelssohn-Bartholdy (1809-1847) und Anton Bruckners (1824-1896) Messe in f-Moll haben der Chor des Stadttheaters Gießen, der Gießener Konzertverein, die Wetzlarer Singakademie, Solisten und das Philharmonische Orchester Gießen unter Leitung von Jan Hoffmann in der Wetzlarer Stadthalle begeistert. Schade nur, dass die 140 Akteure nur etwa gleich viele Zuhörer hatten.

Die beiden Werke bilden einen reizvollen Kontrast: Hier die wortlose Sinfonie Mendelssohns, die durch ihren Bezug zum lutherischen Choral "Ein feste Burg ist unser Gott" deutlich evangelisch geprägt ist, da die letzte Messvertonung eines römisch-katholischen Komponisten, dessen Heiligstes, die Messe, in großer symphonischer Form zu hören war.

30 Jahre liegen zwischen den beiden Werken, und doch waren Gemeinsamkeiten zu erkennen, wie die choralartigen Passagen, die beide Komponisten den Bläsern anvertrauten, wie sie es aus der Praxis ihrer Kirche gewohnt waren.

Mendelsohns "Jugendwerk" ging Dirigent Hoffmann kraftvoll an. Das gut besetzte und aufgelegte Philharmonische Orchester überzeugte mit Streichern und feurigem Blech, sanften Holzbläsern und kultiviertem Klang, eben gesanglich, was ein Markenzeichen Hoffmanns ist.

Ob sich der geneigte Hörer der Meinung des Programmheftes anschließen wollte, in den einzelnen Sätzen der Sinfonie die kriegerischen Auseinandersetzungen des 16. Jahrhunderts zu vernehmen, bleibe dahingestellt (dann wäre ja mit der Verherrlichung des "Ein feste Burg" am Ende wieder alles in Ordnung gewesen ...); die Musik war großartig und ebenso gespielt.

Bruckners Werk fordert dem Chor ein großes Stehvermögen in jeder Hinsicht ab

Bruckners Messe lebt von dynamischen Kontrasten, bietet aber durchweg kräftige Passagen - wie im "Gloria" und im "Credo" -, überraschende Wendungen, fordert dem Chor ein großes Stehvermögen in jeder Hinsicht ab. Der gut 100 Sängerinnen und Sänger starke Chor war dafür ideal, ja erforderlich, aber auch - wie etwa im abschließenden "Dona nobis pacem" - in der Lage, subtil und durchhörbar zu agieren, was im Allgemeinen auch auf das Solistenquartett Maria Chulkova (Sopran), Anne Catherine Wagner (Alt), Andreas Wagner (Tenor) und Adrian Gans (Bass) zutraf.
 Siegfried Meier, 22.10.2011, Wetzlarer Neue Zeitung