Glanz und Absturz einer Legende - Wetzlarer Neue Zeitung

21.09.2011

Petra Soltau verkörpert Marlene Dietrich


Ihr Freund Ernest Hemingway hat sie liebevoll als „The Kraut“ bezeichnet, eigentlich ein Schimpfwort für die Deutschen des Zweiten Weltkrieges. Unter diesem Titel hat Dirk Heidicke eine musikalische Zeitreise der Diva, Sängerin und Schauspielerin Marlene Dietrich (1901 bis 1992) geschrieben.

Im Theaterstudio im Löbershof lassen Petra Soltau (Marlene Dietrich) und Pianist Christian Keul das Leben des Weltstars lebendig werden, Regisseur Christian Lugerth kann die einmalige Karriee von 60 Jahren zwischen Europa und den USA in knapp 80 Minuten eindrucksvoll präsentieren. Mila van Daag hat das Pariser Appartment, in das sich die Diva zurückgezogen hatte mit Fotos, Kostümen und gealterten Möbeln ausstaffiert. Dort bewegt sich die verbittert gewordene Künstlerin am Rollator und im Rollstuhl.
Ihr Rückzug entsprach dem Wunsch, ihr Bild in der Öffentlichkeit zu bewahren und zu schützen. In einem inneren Monolog, durch Bombengewitter und Musikzitate unterbrochen, navigiert Soltau durch das theatralische Leben des legendären „Blauen Engels“ als Kommentar zur Zeitgeschichte. Ihre teilweise zynischen, aggressiven, sinnlichen Erinnerungen sind durchbrochen durch bekannte und unbekannte Songs, die jedoch nicht als Nummernprogramm serviert werden. Dies auch Verdienst des Pianisten, der lockern und pfiffig begleitet, Alkohol serviert, das Zimmer mit Inbrunst putzt, sich als neutraler Befehlsempfänger erweist.
Mit facettenreicher Stimme kommt Petra Solrau der Ikone sehr nahe, ohne sie zu kopieren oder zu karikieren. Die „fesche Lola“, bis zur Unterträglichkeit geträller, wird genervt abgebrochen, eine Hassliebe zur Musik von Kurt Weill kurz angesungen, die aufmunternden Songs vor den amerikanischen Truppen geschmettert, auch „Lili Marleen“ und der „Koffer in Berlin“ als unvergessene Ohrwürmer. Ohne Zugabe kommen die beiden Künstler nicht herum. Die „fesche Lola“ wird nochmals unlustig bemüht. Tiefer geht ein relativ unbekanntes Lied, „Mutter, hast du mir vergeben?“ Langer und intensiver Applaus dankt allen Künstlern.
Wetzlarer Neue Zeitung