Erlebnisreiche Reise durch die Wirren der Unterwelt - Gießener Anzeiger

04.02.2013

Erlebnisreiche Reise durch die Wirren der Unterwelt


Jugendclub Tanz erzählt in seiner neuen Produktion die Geschichte von Amor und Psyche auf seine Weise - Einfallsreiche, unterhaltsame Inszenierung
Während eines illustren Tanzreigens am königlichen Hof passiert es. Liebesgott Amor mischt sich unters Volk, um mit seinen verzauberten Pfeilen Liebe unter die Menschen zu bringen. Von den Pfeilen getroffen sinken sich urplötzlich die Tanzenden in die Arme, um sich leidenschaftlich dem Gegenüber hinzugeben. Eine kleine Unachtsamkeit stellt aber das Leben des Liebesgottes komplett auf den Kopf. Geblendet von der Schönheit Psyches, der wunderschönen Königstochter, verletzt er sich an einem seiner Pfeile und sofort wird deutlich: Auch ein Liebesgott ist gegen seinen eigenen Zauber nicht immun. Er verliebt sich unsterblich in die wunderschöne Sterbliche. Eine facettenreiche Reise durch die Wirren der Unterwelt beginnt.
Die klassische Erzählung von Amor und Psyche hat nun auch Einzug auf die Studiobühne des Stadttheaters gehalten, und dies in einer ganz besonderen Form. Als Produktion des Jugendclubs Tanz unter Leitung von Terry Pedersen-Pfeiffer ist hier eine brillante, liebenswerte und unterhaltsame Inszenierung gelungen, die facettenreicher kaum sein könnte. Von klassischen Tanzsequenzen auf tänzerisch hohem Niveau bis hin zu Revue-Einlagen und modernen Elementen zu stampfenden Beats bringen die 16 jungen Tänzer zwischen 13 und 23 Jahren ein Stück auf die Bühne, das so inspirierend und temporeich, teils sogar komödiantisch dargeboten wird, dass die rund 70 Minuten wie im Fluge vergehen und man sich wünscht, das Ganze könne noch einmal von vorne losgehen.
Nachdem Psyche ihrem Liebesgott durch eine List gefolgt ist, hat dieser nun Angst, sie könne bei seinem Anblick vor Ehrfurcht über den Gottesanblick zu Stein erstarren, und zeigt sich deshalb nur nachts. Von Neugier getrieben, wirft sie mit einer Lampe einen Blick auf den Geliebten und verletzt ihn dabei versehentlich. Amor flieht und lässt die verzweifelte Psyche alleine zurück, die sich auf eine rasante Reise durch die Unterwelt begibt, in welcher allerlei Gefahren und Aufgaben auf die verzweifelte Schöne warten. Ob sie die Meere durchquert und hierbei auf die illustren Meeresbewohner trifft, die eine bezaubernde Unterwasser-Einlage zu „Octopus‘s Garden“ von den Beatles auf die Bühne bringen, oder auf Kerberos trifft, den Hüter der Unterwelt, der sie nach einigen Verhandlungen passieren lässt. Eines wird im ausdrucksstarken Spiel der Protagonisten deutlich - die Hin- und Hergerissenheit zwischen den Welten. Da gibt es etwa die angsteinflößenden, verschlungenen Menschenleiber der Untoten, die versuchen, die arme Psyche an sich zu entreißen. Man fühlt mit, lässt sich komplett auf das prachtvolle Spiel ein und möchte zwischendurch einfach selbst auf die Bühne stürmen, um der Königstochter bei ihrer Suche nach dem geliebten Amor zur Seite stehen zu können.
„Is this the real life? Is this just fantasy?“ - mit dieser treffend gewählten Passage aus der „Bohemian Rhapsody“ von Queen wurde sehr treffend ein grandioses Finale eingeleitet, welches im tosenden Applaus und natürlich auch der Versöhnung der beiden Liebenden endete.
Es tanzten Mona Turski in der Rolle der Psyche, Glenn Buchholtz, Theresa Gehring, Aimee Tina Booh, Herrmann Kron, Myriel Bischoff, Leander Gsänger, Malik Herring, Katharina Huber, Elena Leidinger, Miriam Schaaf, Tamara Seidl, Paula Weber, Lea Wicht, Marie Louise Wiesner und Maurice Ernst unter Leitung von Terry Pedersen-Pfeiffer, die Musik stellte Martin N. Spahr zusammen. Für die Kostüme und die Inszenierung waren die Darsteller selbst verantwortlich, mit innovativen Ideen entstand so ein wundervolles Bühnenbild.

Katrina Friese, 04.02.2013, Gießener Anzeiger