„Willkommen, Bienvenue, Welcome“ - FRIZZ-Magazin

21.03.2012

„Willkommen, Bienvenue, Welcome“
Intendantin Cathérine Miville präsentiert Musical „Cabaret“


Alle Sparten des Stadttheater Fießen sind bei dieser Produktion eingebunden. Das Musical „Cabaret“ von John Kander (Musik) und Fred Ebb (Liedertexte) hatte schon 1966 Uraufführung in New York. Es wurde weltbekannt 1972 durch den gleichnamigen Film in der Regie von Bob Fosse und mit der phänomenalen Liza Minelli als Nachtclubsängerin Sally Bowles. Speziell für diesen Film wurden weiter Songs geschrieben, die mittlerweile auch in die Bühnenversionen aufgenommen werden: „May be this time“, „Mein Herr“ und „Money Money“. Das Intro „Willkommen, Bienvenue, Welcome“ singt zu Beginn der Conférencier des Kit-Kat-Clubs, der in der Regel als Transvestit angelegt wird. So auch in Gießen durch den erfahrenen Musicalsänger Andrea Matthias Pagani. Er spielt einen eher nachdenklichen und beobachtenden Freund, der selbst von Liebesschmerz gebeutelt ist; bewegend die Szene mit der steppenden Gorilla-Dame zu „Säht Ihr sie mit meinen Augen“ Sally Bowles wird gesungen von Sophie Berner, die zu den profilierten Stars der deutschen Musical-Szene gehört. Auch für die musikalische Leitung wurde mit Andreas Kowalewitz ein Musical-Spezialist geholt, vom Staatstheater am Gärtnerplatz in München. Dazu kommt ein Bläser-Quartett aus Mainz, das auch mal als lustig verkleidetes Damen-Orchester auftritt. Auf der Bühne haben der Chor sowie der Kinder-und Jugendchor des Stadttheaters Gießen jede Menge zu tun. Alle sind in das Bühnengeschehen choreographisch eingebunden. Tanzdirektor Tarek Assan und sein erfahrener Co-Choreograf Anthony Taylor haben dafür wirkungsvolle und witzige Formierungen einstudiert. Die Sänger tanzen und die Tänzer singen, so sind alle miteinander verquickt. Die Tanzcompangnie setzt mit ihrem Könne so manches Glanzlicht auf diese Show. Die anderen Figuren sind mit Schauspielern aus dem Ensemble besetzt. Petra Soltau spielt die biedere Zimmervermieterin Frl. Schneider, deren Liebe zu dem jüdischen Obsthändler Schultz, dargestellt von Harald Pfeiffer, keine Dauer beschieden ist. Die Schatten des Nationalsozialismus legen sich auch über dieses anrührende Liebespaar im fortgeschrittenen Alter. Ausstatter Matthias Moebius aus Berlin hat die Bühne in ein buntes Karussell verwandelt, aus dem dank Drehbühne immer wieder die schlichte Pension wird, was alle szenischen Übergängen fließend macht. Das Lied „Tomorrow belongs to us/ Der morgige Tag ist mein/unser“ zeigt deutlich die Wende vom privaten Hoffnungslied zum lautstarken Anspruch der nationalsozialistischen Volksgemeinschaft auf die Weltherrschaft. „Cabaret“ in Gießen ist keine politisch plakative Inszenierung, sondern eine der subtilen Töne. Bei aller politischen Ernsthaftigkeit wird der Unterhaltungswert nicht vergessen.
Dagmar Klein, Januar 2012, FRIZZ-Magazin