Nichts vom Charme eingebüßt - Gießener Anzeiger

26.09.2011

Nichts vom Charme eingebüßt

Umbesetzte Mozart-Oper „Die Hochzeit des Figaro“ bei Wiederaufnahme gefeiert
Wie schon bei der Premiere im März ist die Wiederaufnahme der Mozart-Oper „Die Hochzeit des Figaro“ am Samstagabend vom Publikum im voll besetzten Stadttheater mit lang anhaltendem Applaus gefeiert worden. Die Inszenierung von Thomas Goritzki hat auch mit einer ganzen Reihe von Neu- und Umbesetzungen nichts von ihrer komödiantischen Leichtigkeit und ihrem Charme eingebüßt.
Während im Frühjahr der damalige Generalmusikdirektor Carlos Spierer dirigierte, hält nun sein Nachfolger Herbert Gietzen am Pult des Philharmonischen Orchesters bei der italienisch gesungenen, gut dreieinhalbstündigen Aufführung die Fäden fest in der Hand. Sein Dirigat bereitet der stets geistvollen, oft mit atemberaubendem Schwung daherkommenden Musik Mozarts die Bühne und räumt den Sängern genügend Raum zu ihrer Entfaltung ein. Gleichwohl wird da nichts vertändelt.
Als Graf hat der in Gießen immer wieder gern gesehene und gehörte Bariton - zuletzt als Maler Marcel in „La Bohème“ - Adrian Gans seinen Kollegen Matthias Ludwig abgelöst. Er spielt den krankhaft eifersüchtigen Schwerenöter als kraftvollen, keineswegs unsympathischen Herrn, dem an diesem „tollen Tag“ einfach nichts gelingen will. Seine expressive, mächtig schallende Stimme macht den Eindruck des rasend Eifersüchtigen perfekt.
Neu in dieser Inszenierung und auch neu in Gießen ist die spanische Sopranistin Narora Intxausti Bolunburu, die die Zofe Susanna nicht nur mit Keckheit und liebenswertem Übermut, sondern auch mit entwaffnender Offenheit verkörpert. Ihr klar geführter Sopran strahlt Anmut und Liebreiz aus. Zusammen mit Tomi Wendt, der mit seinem prägnanten Bariton einen wendigen Figaro voller Saft und Kraft darstellt, bildet diese Susanna ein unschlagbares Gespann. Wendt wechselt sich in der Rolle des Figaro und der des Arztes Bartolo mit Stephan Bootz ab. Bootzens dunkler Bass passt ideal zum schwarzen Mantel und den diabolischen Augenbrauen des Intriganten Bartolo. Eine herrlich komödiantische Marcellina mit einem Mundwerk wie eine Schnellfeuerwaffe steuert die Mezzosopranistin Merit Ostermann bei. Thomas Schmitz-Albohn, 26.09.2011, Gießener Anzeiger