Was macht Schneewittchen, wenn es alt und runzelig wird ... - Gießener Allgemeine Zeitung

05.09.2011

Das Kinderstück »Spieglein, Spieglein. . . .« hatte als deutsche Erstaufführung im TiL Premiere. 

Was macht Schneewittchen, wenn es alt und runzelig wird und das Volk es aus dem Schloss wirft, da es nur von einer schönen Königin regiert werden will? Ganz einfach, es kehrt zurück und sagt dem berühmten sprechenden Spiegel einmal so richtig die Meinung. Johanna Schneeball erzählt diese Geschichte an ihrem 70. Geburtstag im neuen TiL-Kinderstück »Spieglein, Spieglein. . . «, das gestern im Theaterstudio als deutsche Erstaufführung zu sehen war.

Zu Beginn wirkt Johannas Geburtstagsfeier ein wenig trostlos, denn die sieben Söhne besuchen die Mutter nicht; schicken nur eine singende Ansichtskarte und eine Perlenkrone. Doch da sind ja noch die Kinder im Zuschauerraum, die Johanna als ihre Gäste begrüßt und bewirtet und denen sie – so wie früher ihren Söhnen – die Geschichte von Schneewittchen erzählt. Durch das Erzählen fühlt Johanna sich wieder jung und der Geburtstag wird für alle schön.

Petra Soltau spielt Johanna Schneeball für Kinder ab vier Jahren. Als alte Frau im Schlafanzug und später als resolutes Schneewittchen ist ihr die Aufmerksamkeit der kleinen Theaterbesucher durchweg gewiss. Ihr nächtliches Irren durch den unheimlichen Wald, ihr Streit mit dem Schlosswächter oder der viele Zucker, den sie sich in ihren Kaffee rührt, – alles kommentieren die Kleinen so, wie es echte Geburtstagsgäste eben auch tun würden.

Das Kinderstück von Magrit Bischof und Werner Bodinek, 1999 in Luzern uraufgeführt, inszeniert Suse Pfister, Regieassistentin am Stadttheater, als ihre erste eigene Arbeit in Gießen. Sie lässt den eher ruhigen Erzählton fließen und sorgt doch dafür, dass es in jeder Minute etwas zu entdecken gibt: Sei es der sprechende Hirschkopf an der Wand, der Schrank, der zum Leben erwacht, oder der Spiegel, der sich als ganz schön gehässiger Zeitgenosse entpuppt. Ein wunderbares Beispiel für fantasievolles Kindertheater für die Jüngsten. Thurid Goertz, seit Januar dieses Jahres feste Ausstattungsassistentin am Gießener Haus, hat »Spieglein, Spieglein. . .« entsprechend liebevoll-dezent ausgestattet. Pastellfarben bestimmen das Bühnenbild und wirken ja bekanntermaßen beruhigend und freundlich – irgendwie passt das zur gesamten Inszenierung. 01.09.2011, Karola Schepp, Gießener Allgemeine Zeitung