Ovationen für „Brundibar“ - Wetzlarer Neue Zeitung

26.03.2013

Das Zitat im Programm einer Zeitzeugin aus Theresienstadt „Der Applaus war unglaublich“ passt genau auf die Aufführung im Theaterstudio am Sonntagnachmittag.

Nach 50 lebendigen, berührenden Minuten fand der Beifall für den Kinder- und Jugendchor des Stadttheaters wie für die Spieler der Musikschule Gießen kein Ende. Zu Recht. Bühnenbildner Thomas Döll hat die Bühne im TiL in ein Museum verwandelt. Vitrinen zeigen Requisiten, Noten und Dokumente zum Thema „Brundibar“. Das Publikum flaniert über diese Bühne.

Der Museumsbesucher Tom (Sami Kanse) wird aus Versehen eingeschlossen und erlebt, wie die Figuren der Kinderoper erwachen und die Geschichte beginnt.

Ein fließender Übergang, der Spielrealität und Märchen geschickt verquickt. Der Pianist Martin Gärtner spielt den jüdischen Komponisten Hans Krása, der 1938 die Oper geschrieben hat. Er unterhält sich auch mit Tom, so dass die Geschichte der armen Geschwister Aninka (Louisa Merz) und Pepicek (Hendrik Wagner) noch verständlicher wird. Gärtner dirigiert vom Klavier das Orchester der Musikschule. Es versteht mit Streichern, Klarinette, Flöte, Trompete und Schlagzeug den leicht sangbaren Melodien Charakter zu verleihen, rhythmische Akzente zu setzen und gelegentlich bewusste Dissonanzen geschmeidig zu spielen.

Regisseur Oliver Meyer-Ellendt versteht es, die jungen Sänger zu motivieren, so dass die Abenteuer der Kinder lebendig und glaubhaft abgewickelt werden. Sie begegnen dem machtvollen Leierkastenmann Brundibar (Sebastian Beck), der ihr Geld stiehlt. Mit Hilfe von Hund, Katze und Spatz können die Kinder ihr Ziel erreichen.

Für heutige Zuschauer eine Parabel über Macht und Ohnmacht. Die Assoziationen zum Dritten Reich sind nicht nur durch den Hinweis auf Theresienstadt nachvollziehbar. Dort wurde die Oper etwa 55-mal aufgeführt.

 

Peter Merck, 22. März 2013, Wetzlarer Neue Zeitung