DER PROTESTMARSCH - Kinder-Muscial „Eine Sonne, eine Welt“ feiert im TiL Premiere - Gießener Allgemeine Zeitung

24.03.2014

Es ist ein leidenschaftliches Plädoyer für mehr Bewusstsein in einer Wegwerfgesellschaft: Mit „Eine Sonne, eine Welt“ feierte ein sehenswertes Kinder-Musical in einer Inszenierung von Oliver Meyer-Ellendt im TiL Premiere. Für alle ab acht Jahren erzählt der Kinder- und Jugendchor des Stadttheaters darin in Dialogen und Liedern von den Schattenseiten des technischen Fortschritts und der Möglichkeit, dagegen die eigene Stimme zu erheben.


In dem brachliegenden Abbruchsgelände zwischen Bauzaun und herumliegenden Autoreifen haben die Kinder einen ganz besonderen Spielplatz und ein zweites Zuhause gefunden. Denn hier ist Platz für alle, so unterschiedlich die einzelnen Gruppen auch sind: die Barbies, die Denker, die Esos, die Künstler, die Ökos, die Techniker. Dumm nur, dass just hier ein Seniorenwohnheim gebaut werden soll. Und wer ist einmal mehr daran schuld, dass die Kinder weichen müssen? Die Erwachsenen natürlich.
Die wollen einfach nicht verstehen, dass ihre ach so vernünftigen Reden keineswegs im Einklang mit ihrem unverantwortlichen Handel stehen: „Die Erwachsenen lassen die Welt vor die Hunde gehen.“ Schnell begreifen die Kinder, dass das, was hier im Kleinen passiert, sinnbildlich steht für die Probleme einer globalisierten Welt: Umweltzerstörung, Technisierung aller Lebensbereiche, Überbevölkerung.


Womit aber können sich die Kinder in der Welt der Erwachsenen Gehör verschaffen? Immerhin tut die schnippische Hilde (Flavia Hirschfelder), die im Auftrag der Baufirma den ersten Spatenstich organisieren soll, alles dafür, die Kinder vom Gelände zu vertreiben. In ihrem grauen Businessdress und den hochhackigen Schuhen (Bühne und Kostüm Selina Tholl) hebt sie auch äußerlich deutlich von den kunterbunten Outfits der Kinder ab.


Mit viel Kreativität legen die Kleinen los, um die Baustelle in ein Kunstwerk zu verwandeln, und treten zum Protestmarsch an. Dabei reflektieren sie in einer Reihe von Liedern – für die es mitunter Szenenapplaus gibt – Umweltfragen: die Sonne als Energiequelle, die Bedeutung des Wassers und die Tierwelt der verschiedenen Erdteile. Sie erkenne: Es gibt nur eine Welt für uns alle, und die muss erhalten bleiben. Immerhin: Natürlich bekommt die schnippische Hilde ihr Fett weg. Das Ende bleibt in realistischer Weise jedoch offen und dürfte damit zu weiteren Diskussionen anregen.  


Nach „Afrikanisches Puzzel“ ist mit „Eine Sonne, eine Welt“ ein weiteres Stück der britischen Autoren Peter Rose (Musik) und Anne Conlon (Text) am Stadttheater zu erleben, unterstützt von der Naturschutzorganisation WWF. Die musikalische Leitung hat Martin Gärtner, das das Orchester aus Schülerinnen und Schülern der Musikschule Gießen dirigiert und einen kleinen Auftritt als Oberbürgermeister bekommt.  

Julian Wessel, 24. März 2013, Gießener Allgemeine Zeitung