„Eine heile Welt – sie bleibt kein Traum - Gießener Anzeiger

26.03.2014

Kinder- und Jugendchor zeigt „Eine Sonne, eine Welt“ im TiL / Themen der Zeit im unterhaltsamen Gewand

GIESSEN - „Erwachsen wird niemand, die tun alle nur so“, sagt Oak (Samir Kanse) und tröstet damit die Kinder, die Angst haben vor dem großen Kampf um ihren Spielplatz. „Eine Sonne, eine Welt“ hieß es am Sonntag im Theater im Löbershof (TiL) in Gießen. Das Kindermusical von Peter Rose und Anne Conlon zeigt den Kampf einer Gruppe von Kindern um ihren Abenteuerspielplatz, der einem Seniorenheim weichen soll.

Oliver Meyer-Ellendt inszenierte das Stück zusammen mit Martin Gärtner und dem Kinder- und Jugendchor des Stadttheaters Gießen. Die Kostüme und das Bühnenbild schuf Selina Tholl. Die Musik spielte ein kleines Orchester von Schülern der Gießener Musikschule. 100 Besucher erlebten die Premiere des mitreißenden Stücks auf der Studiobühne.

Zunächst ist alles ganz idyllisch. Auf einem Abbruchgelände tummelt sich eine bunte Kinderschar. Ein alter Bauwagen dient als Rückzugsort und Materiallager. Die Kinder sind Denker, Künstler, Ökofreaks, Barbies, Esoteriker und Techniker. Auf dem Abenteuerspielplatz sind sie ein optimistisch fröhliches Abbild unserer Gesellschaft. Als das Unheil in der Gestalt von Hilde (Flavia Hirschfelder) auftaucht, herrscht zunächst große Ratlosigkeit.

Hilde arbeitet für einen Investor, der auf dem Gelände ein Seniorenheim errichten will. Ihrer Aufforderung, den Platz umgehend zu räumen, damit die Bagger ihre Arbeit beginnen können, wollen die Kinder nicht folgen und überlegen sich einen bunten, auffälligen Protest, mit dem sie nicht nur ihre Situation, sondern auch die Probleme der Welt aufgreifen.

Mit einer großen Weltkarte auf einem Bauzaun, die sie aus Müllsäcken und Pappe gestalten machen die Kinder darauf aufmerksam, dass alle Probleme in einem inneren Zusammenhang stehen, der aus der Rücksichtslosigkeit und Skrupellosigkeit der handelnden Wirtschaftsmächte entsteht. Umweltverschmutzung, die Bedrohung der Natur und der Tierwelt, soziale Schieflagen und Not und Elend in vielen Gegenden der Welt werden in Zusammenhang gestellt mit dem hemmungslosen Profitstreben einer kleinen Gruppe von Wirtschaftsbossen.

Die Kinder spielen mit ansteckender Begeisterung. Bei aller Problematik wird es trotzdem heiter und fröhlich, wenn Hilde mit einer toten Ratte erschreckt wird oder die Kinder vor einer Polaroid-Kamera posieren, um Bilder für ihre Weltkarte zu knipsen. Die Tiere der Welt werden nicht nur aus Pappe ausgeschnitten, sondern zugleich pantomimisch von den jungen Darstellern vorgestellt. Martin Gärtner spielt den freundlichen, aber ignoranten Oberbürgermeister, dem ein Mädchen (Lilly Bayer) den Protestbrief der Kinder vorlesen will. Dafür hat der Erwachsene allerdings keine Zeit und so liest das Mädchen dem Publikum vor. „Wir verbessern diese Welt, wenn wir’s wirklich wollen. Eine heile Welt – sie bleibt kein Traum“, so endet der Appell, mit dem die Zuschauer nach Hause entlassen werden.

Die Inszenierung ist ein buntes, fröhliches Spiel, das die Problematiken der Welt unterhaltsam thematisiert und zum Nachdenken anregt.

Klaus-J. Frahm, 25.03.2014, Gießener Anzeiger