Geradezu innige Versenkung in die Figuren - Gießener Anzeiger

04.02.2014

JUGENDCLUB TANZ Eigenproduktion „Das Mädchen aus dem Meer“ mit herausragenden Leistungen / „Satisfaction“ tolle Nummer

GIESSEN - Mit einer herausragenden Leistung präsentierte sich der Jugendclub Tanz des Stadttheaters am Freitag im Theaterstudio im Löbershof (TiL). Die Produktion „Das Mädchen aus dem Meer“ zeigte zum zehnjährigen Bestehen des Ensembles, dass packende Dramaturgie, Geschlossenheit und nicht zuletzt tänzerischer Ausdruck große Stärken des jungen Ensembles sind.

Verantwortlich zeichnet Terry Pedersen-Pfeiffer, die bei der Gründung des Ensembles mitwirkte und seither als Leiterin fungiert. Sie ist mit der Gruppe für Choreografie, Bühne und Kostüme zuständig.

Die Geschichte nach einem Märchen von H. C. Andersen – Meerjungfrau verliebt sich in ertrinkenden Prinzen, doch am Ende nimmt er ein Menschenmädchen – ist in jeder Hinsicht mitreißend umgesetzt. Schon im ersten Bild mit der ganzen Truppe besticht die einheitliche Strahlkraft der jungen Darsteller, die vor Spiellust förmlich zu platzen scheinen. Das geht einher mit beispielhafter Geschlossenheit und geradezu inniger Versenkung in die Tanzfiguren. Das reißt selbst den erfahrenen Betrachter mit.

Sehr gut gelungen ist auch die Differenzierung der Choreografien. Mehrfach werden Szenen in kleinen Gruppen gespielt, die eine starke expressive Konzentration zeigen. Und auch die Auflösung der Massenszenen, sie sind auffallend klar durchstrukturiert, in eine Umkreisung oder Untergruppe ist eine Freude. Alles fließt zusammen, die mimische Konzentration der Akteure ist tadellos, keine Spur von Unschärfe. Hinzu kommen Auswahl und der Einsatz der Musik, die zunächst mit Jethro Tulls „Living in the past“ tadellos gelingt. Der zeitgenössische Akzent, der etwa mit John Lennons „Imagine“ gesetzt wird, ist anrührend getanzt und bildet den herausragenden szenischen Abschluss des Abends.

Zu den zahlreichen Höhepunkten gehört ein Bild, in dem eine kleine Tanzklasse von einer Trainerin getriezt wird. Witzige Details und ein ausnahmslos konsequenter Ausdruck, ein Hochgenuss.

Der Oberhammer ist dann die Vertanzung des Stones-Hits „Satisfaction“. Dabei gelingt eine betont tänzerische Choreografie, es wird nicht einfach gerockt. Vielmehr setzt man eine spürbar leichte Gruppenchoreografie um, die ausgesprochen heiter wirkt und präzise abläuft. Die Geschichte wird dabei nicht vergessen. Auch zum „Whistler“ von Jethro Tull sieht man angemessene Bilder, hier werden irische Volkstanzelemente verwendet, und es fällt ein besonders geschmeidiger Verlauf ins Auge.

Insgesamt fließt überhaupt alles in dieser herausragenden zehnten Produktion, die von inhaltlicher Sicherheit, Geschlossenheit und durchgehendem überzeugendem Ausdruck geprägt ist. In den Titelrollen sind nochmals besondere Leistungen zu sehen: ein Haupttreffer. „Wir werden einen Termin finden, um das zu feiern“, versicherte die Intendantin bei ihrer Gratulation.

 

Heiner Schultz, 03.02.2014, Gießener Anzeiger