„Der Mann, der die Welt aß“: Lebenskrise und Demenz werden in der taT-studiobühne thematisiert - Gießener Zeitung

27.04.2015

Mit einer intensiven Darstellung überzeugten die Schauspieler in der Inszenierung von Jakob Fedler von „Der Mann, der die Welt aß“ in der Premiere in der taT-studiobühne am Donnerstag, 23. April 2015.

Im Theaterstück des Autors Nis-Momme Stockmanns gibt es nur fünf Figuren und das schlichte Bühnenbild von Dorien Thomsen, um die schwierigen Situationen darzustellen, die einen Menschen in der heutigen Gesellschaft belasten und überfordern können. Auf der Bühne sind der Sohn (Lukas Goldbach), sein Vater (Roman Kurtz), seine Ex-Frau Lisa (Alexandra Finder), sein jüngerer Bruder Philipp (Maximilian Schmidt) und sein bester Freund Ulf (Pascal Thomas), zwei Bänke und ein Baum, der fest und verwurzelt im Widerspruch zum Gemütszustand der Charaktere steht. Durch diese wenigen Elemente und ausdrucksvolle Dialoge, die die Persönlichkeit der jeweiligen Figuren und ihre Beziehung miteinander kennzeichnen, können die Zuschauer die verschiedenen Aspekte der dramatischen Lage des Sohnes allmählich mitbekommen. Er lebt getrennt von seiner Frau Lisa, hat zwei Kinder, die bei ihm jedes zweite Wochenende sind, hat seine gute Arbeitsstelle vor einiger Zeit verloren und hat finanzielle Probleme.

Aber nicht nur die Lebenskrise und der unerfüllbare Wunsch nach Freiheit und Gedankenlosigkeit des Sohnes sind das Thema des Schauspiels. Die andere Hauptfigur ist der Vater, um den sich der Sohn Sorgen macht. Er verhält sich merkwürdig und der Sohn wird sich der Demenzerkrankung seines Vaters bewusst. Wenn er den Vater bei sich aufnimmt, wird er - und mit ihm das Publikum - mit dem dramatischen Verlauf der Krankheit konfrontiert. Die realistische Interpretation von Roman Kurtz stellt nämlich auch die Zuschauer vor die Schwierigkeiten des Umgangs mit einem demenzerkrankten Menschen.
„Der Mann, der die Welt aß“ ist ein gelungenes Schauspiel, das ohne Schnörkel, dank der Unmittelbarkeit der Inszenierung und das perfekte Sicheinfühlen der Schauspieler in die Rollen, einerseits die Herausforderungen des modernen Lebens und die damit verbundenen Krisen bei Menschen in ihren Dreißigern enthüllt und andererseits die Aufmerksamkeit auf die heutzutage verbreitete, aber noch nicht wirklich bekannte Demenzkrankheit richtet.

Alessandra Riva, 24.04.2015, Gießener Zeitung