„Die Wanze 2“ von Paul Shipton feiert mit Dominik Breuer auf der taT-Studiobühne Premiere - Gießener Anzeiger

16.03.2015

Wer den ersten Teil von Paul Shiptons Insektenkrimis „Die Wanze“ gesehen hatte, und zum Fan der Detektivgeschichten aus dem Gartenbeet geworden war, der kam auch jetzt bei der Fortsetzung voll auf seine Kosten. Der Schauspieler Dominik Breuer alias „Wanze“ war bei der Premiere in der Studiobühne taT des Stadttheaters Gießen wieder ganz in seinem Element. Als Sprechkünstler und Akrobat gestaltet er eine Stunde und 20 Minuten lang ein Solo-Programm, das sich hören und sehen lassen konnte. Entsprechend begeistert fiel der Applaus der Fangemeinde aus.

Der Besucher betritt eine verqualmte Kneipe. Die Wanze Muldoon sitzt an der Bar – eine Weiterentwicklung des Bühnenbildes von Wanze I durch Bühnenbildnerin Ann-Sophie Paar – und schlürft seinen Lieblingsdrink. Im Hintergrund sind bekannte Melodien aus Film und Fernsehen zu hören, die Beleuchtung wechselt je nach Situation und Stimmung. Insgesamt also richtig gemütlich im taT, zumal kleine Bartische in den ersten Reihen aufgebaut sind und die Zuschauer sogar von einem Kellner bedient werden.

Detektivgeschichte

Cool ist er nun ja wirklich, Detektiv Muldoon, mit Sonnenbrille, Trenchcoat und lässigem Hut. Wanze Muldoon, die in Wirklichkeit ein Käfer ist und nur aus Berufsgründen „Wanze“ genannt wird, sitzt also in Dixies Bar berichtet von seinem letzten großen Fall: Eines Abends bricht ein Igel in der Bar tot zusammen, auf ihm sitzt das kleine Flohmädchen Netta, das immer noch geschockt ist und nichts von dem Verbrechen erzählen kann. So heißt es bald: Ein neuer Fall – Wanze, übernehmen sie.

Eine Detektivgeschichte, fast wie wir sie durch Philipp Marlowe und seine Kollegen aus amerikanischen Romanen kennen. Hier ist alles in den Insektenkosmos transportiert. Neben alten Bekannten wie dem Kneipenwirt Diexie und der zuckersüchtigen Stubenfliege Jake lernen die Zuschauer auch neue Akteure kennen: Professor Bücherlaus und Juno, eine Skorpionin aus Südamerika, oder den Boxer Vitali.

Der schlimmste Feind aller Insekten aber, fast hätte man´s vermutet, ist der Mensch, hier in Gestalt eines Jungen, der gerade dabei ist, eine Insektensammlung aufzubauen. Ihn in diesem mörderischen Tun zu stoppen, kann nur dem Meisterdetektiv gelingen.

Eine Vielzahl von Rollen für Dominik Breuer: Er ist nicht nur der Ich-Erzähler, sondern auch die Heuschrecken-Reporterin Wilma mit den schicken Netzstrümpfen, der stotternde Jake und ein gutes Dutzend weiterer Insekten. Breuer mimt einen Boxkampf und turnt sich behänd über das Gestänge an der Bar, die sich bei Bedarf in den Keller des benachbarten Wohnhauses oder das Schlafzimmer des Jungen verwandelt.

Allround-Künstler

Eine Rolle, wie gemacht für den Allround-Künstler Breuer, der sich in seiner Karriere bereits in den verschiedensten Sparten geübt hat. Der Schauspieler, Jahrgang 1978, wuchs in Leverkusen auf. Engagements führten ihn unter anderem an das Ernst-Deutsch- Theater in Hamburg, das Stadttheater Bremerhaven und schließlich 2009 bis 2011 an das Stadttheater Gießen. Neben seiner Arbeit als Schauspieler ist Dominik Breuer als Bühnenautor, Sprecher, Regisseur, Kampfchoreograf sowie Leiter verschiedener Jugendtheater-Projekte tätig und war in diversen Film- und Fernsehproduktionen zu sehen. 2011 gründete er gemeinsam mit Kollegen das Brachland-Ensemble, ein Netzwerk von Künstlern aus den unterschiedlichsten Bereichen. Dominik Breuer lebt als freischaffender Schauspieler in Heidelberg und Köln.

Die Regie zu „Wanze 2“ führt erneut Wolfgang Hofmann, der zusammen mit Breuer zahlreiche Filmdialoge und -musiken gekonnt in Szene setzte. Das angloamerikanische Original ist durch einige aktuelle Bemerkungen aufpoliert, „Je suis Dixie“, ruft beispielsweise ein Insekt in Anlehnung an den Anschlag auf das Satire-Magazin Charlie Hebdo in Frankreich.

Der Autor hat das Stück ursprünglich für Jugendliche geschrieben, die aktuelle Gießener Inszenierung wendet sich eher an Erwachsene. Nicht jedermanns Ding, sich in eine Kriminalstory im Insektenreich zu begeben. Doch wem´s gefällt, der wird von Dominik Breuers Witz und Agilität begeistert sein.

 

Ursula Hahn-Grimm,16.03.2015, Gießener Anzeiger