Theater sticht in See - Wetzlarer Neue Zeitung

14.03.2016

GIESSEN Höchst erfolgreich sind die Familien-Theatertage "Spielreich" in See gestochen - und das in doppeltem Sinne: Als Auftaktstück gab es am Donnerstag im "taT" die Premiere der Operette "Die Piraten von Penzance". Inszeniert wurde sie von Oliver Meyer-Ellendt.

Den eigentlichen Startschuss gestaltete der Juniorclub des Stadttheaters gemeinsam mit Intendantin Cathérine Miville und Bürgermeisterin Gerda Weigel-Greilich. Der Auftakt der 13. Auflage der Theatertage war komplett ausverkauft.

Nach dem Juniorclub waren die Piraten an der Reihe. Unter der musikalischen Leitung von Martin Gärtner entführte Meyer-Ellendt das Publikum mit der musikalischen Seeräubergeschichte von Gilbert und Sullivan an die englische Küste. Hier trifft eine Gruppe Schülerinnen auf Piraten, die eigentlich gar nicht piratisch-böse sind und im Grunde nur eins wollen: Keine Nudeln mehr. Die Schiffsköchin kann bloß Nudeln kochen, und die hängen den Seeräubern zum Hals heraus. Deshalb schmieden sie einen Plan: Sie wollen die jungen Frauen in der Küche anketten, um endlich etwas Leckeres zu essen zu bekommen. Natürlich laufen die Dinge letztlich ganz anders.

Pfiffiges Stück für junge Zuschauer


Meyer-Ellendt hat aus dem Stoff ein pfiffiges Stück für Kinder- und Jugendliche gemacht, das durch Kompaktheit und geschickte Raumnutzung besticht. Die ist allerdings kein Selbstzeck: Durch die clevere Verteilung von Darstellergruppen auf der Bühne erzielt Meyer-Ellendt den Effekt, dass es quasi in jeder Ecke wuselt und unglaublich viel zu sehen gibt.

Dieser Ansatz fesselt die Aufmerksamkeit ungemein und wird durch das intelligente Bühnenbild von Ann-Sophie Paar unterstützt. Sie gestaltete den Strand, an dem die Schülerinnen liegen, mit einer Reihe Paletten. An der Bühnendecke hängen große, bunte Segel, und wenn der Piratenkapitän einen Auftritt hat, wird er auf einem kleinen Gestell mit Steuerruder herangerollt. Kurz, es gibt viel zu sehen auf der Bühne.

Doch durch die Durchlässigkeit der Kulissen, die zwar als Blickfang, aber doch rudimentär gestaltet daherkommen, erzielt der Regisseur einen erstaunlichen Effekt: Die Piratengeschichte wird durchlässig und lässt Probleme greifbar werden, die nahe an der Realität des kindlichen Publikums dran sind. Es geht um die Frage "Wie kommen wir alle miteinander aus?", und es geht um Erkenntnisse wie "Lesen lernen ist wichtig!".

Ein bemerkenswert hellsichtiges Konzept, an dessen gelungener Umsetzung der Kinder- und Jugendchor des Stadttheaters und das Orchester der Musikschule unter Gärtners Leitung großen Anteil hat. Ausnahmslos alle Sänger und Musiker zeigten bei der Premiere bemerkenswerte Leistungen, so dass der stürmische Schlussapplaus hoch verdient war.

Kurz, ein sehr erfolgreicher Auftakt für die Familien-Theatertage "Spielreich".


Stephan Scholz, 14.03.2016, Wetzlarer Neue Zeitung