Weihnachtsmärchen »Moritz in der Litfaßsäule« im Stadttheater

20.11.2015

Dieses Weihnachtsmärchen ist eine Wucht! »Moritz in der Litfaßsäule« bietet am Stadttheater jede Menge Spaß, ein wunderschönes Bühnenbild und Schauspieler, die kindliche Albernheit mit klugen Lebensweisheiten verbinden. Unbedingt ansehen!

 

Moritz Zack ist ein verträumter Neunjähriger. Was er tut, tut er mit Bedacht und erst nach gründlichem Nachdenken. Dass das bei seiner Lehrerin Frau Blaschke und seinem Vater, dem Sparkassendirektor, nicht gut ankommt, ist klar. Also packt Moritz seinen Schlafsack und reißt aus. In der Litfaßsäule auf dem Marktplatz erlebt er ein wahres Abenteuer. Er lernt die sprechende Katze Kicki und einen liebenswerten Straßenfeger kennen und verliebt sich in das Zirkusmädchen Bella. Am Ende begreift er: Nicht was man macht ist wichtig, sondern wie man es tut. Und: Mit Gelassenheit und Fantasie kommt man leichter durchs Leben.

Die Premiere des neuen Familienstücks zur Weihnachtszeit im Stadttheater zeigte gestern früh, dass die Inszenierung von Andreas Mihan den Nerv des jungen Publikums vollends trifft. Die von Christa Kozik und Rolf Losansky für Kinder ab sechs Jahren geschriebene Geschichte von »Moritz in der Litfaßsäule« erzählt von all den Dingen, die die Jungen und Mädchen in ihrem eigenen Alltag beschäftigen. Der Druck in der Schule, die Erwartungen der Eltern, der Zoff mit der älteren Schwester – all das kennen sie. Und wie Moritz träumen sie, sehen die Welt noch »mit dem dritten, dem bunten Auge«. Dass ihre Träume nun auch konkrete Bilder bekommen, ist das Verdienst von Lukas Noll, der sich mit dem aktuellen Bühnenbild wieder einmal selbst übertroffen hat. Da gibt es eine aufklappbare Littfaßsäule, Häuser, die sich wie von Geisterhand aus dem Boden hervorschrauben, eine Drehbühne, die mal den Marktplatz von Moritzburg, mal das Zuhause des kleinen Jungen zeigen. Und man sieht sogar einen echten Zirkus. Ein Fest für die Augen. Auch Kostümbildner Bernhard Niechotz schöpft aus dem Vollen. Katze
Kicki mit ihren leuchtend grünen Augen, das seiltanzende Zirkusmädchen oder das wimpernklimpernde Zebra aus dem Zirkus – da macht es einfach Spaß, hinzuschauen. Oder bei Martin Spahrs Arrangement der Musik mit Songs der Jackson Five bis zur Oper »Carmen« hinzuhören.

Spaß haben aber offenbar auch die Schauspieler. Sie schlüpfen im fliegenden Wechsel in die unterschiedlichsten Rollen. Pascal Thomas verkörpert Moritz, der zwar mit Nachnamen Zack heißt, aber ganz gewiss nicht auf Zack ist, herrlich unbekümmert. Lukas Goldbach als lebenskluger Straßenfeger, darf als Clown zeigen, dass er sich auch auf Artistik versteht. Roman Kurtz als Moritz’ Vater und rastazöpfiger Polizist redet voller Inbrunst mit einem Wischmop, weil er glaubt, das sei sein Polizeihund. Und Carolin Weber wechselt mit offensichtlichem Spaß zwischen ihren Rollen als moppelige Lehrerin, feierlustige Katze oder besorgte Mutter. Anne-Elise Minetti ist die perfekte Verkörperung einer nervigen Schwester, aber auch des bezaubernden Zirkusmädchens.

Wegen der Fülle der Schul- und Familienvorstellungen werden die Rollen auch von Maximilian Schmidt (Moritz), Rainer Hustedt (Vater), Milan Pesl (Straßenfeger), Petra Soltau (Kicki) und Mirjam Sommer (Zirkusmädchen) übernommen. Ein herrlicher Spaß für die ganze Familie.


Karola Schepp, 20.11.2015, Gießener Allgemeine Zeitung