Weg mit dem Tag! – Die Lange Nacht der Hessischen Theaterakademie

TiL-studiobühne Löbershof 8
23. Juni 2013, 19.00 Uhr

Von und mit Studierenden des Instituts für Angewandte Theaterwissenschaft Gießen (ATW), der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt am Main (HfMDK) und der Hochschule für Gestaltung Offenbach am Main (HfG) sowie Gästen.

Mattis Kuhn (HfG)

HERZ WOYZECK

Subjekt Woyzeck. Ein interessanter Casus. Auf dem anatomischen Theater. Tot. Lebend in der Kunst gegen das Ableben. Das Fundament ein Gutachten über Zurechnungsfähigkeit und Tod Woyzecks durch eine Klinge vor tausenden von Zaungästen 1824. Reduziert auf ein Herz. Wiederbelebt um 1900. Ein Operateur – Alban Berg. Eine langlebige Oper, Interlinearversion des Büchnerschen Trauerspiels. Das Gewebe, fragil, hält sich durch Bergs Diktion. Diese hält sich am Gutachten und bestimmt die Instrumentalisten. Zwölftonmusik, entwickelt von Bergs großem Lehrer Arnold Schönberg, liefert die Grundlage der Komposition. Zwölf Töne, entnommen einem EKG. Weitere Einflüsse in das Herz Woyzeck sind Adolf Loos, Architekt, entwerfend in verschiedenen Niveaus, die Musiker auf den Balkon, die Dinge in den Raum und Woyzeck auf seinen Platz führend; Egon Schiele, expressionistischer Maler, leiht einem Körper Woyzecksche Seelenposituren. Woyzeck entwirft Klangfiguren. Das Herz bewegt den Versuch.

Simon Möllendorf (HfMDK), Larissa Bischoff, Linnan Zhang, Jonas Schlagowsky, Lisa Weidenmüller

LENZ

Den Sturm in sich ziehen, alles in sich fassen, sich ausdehnen und über der Erde liegen, sich in das All hineinwühlen – eine Lust, die wehtut. Lenz ist ein offenes Gebirge, in dem zwei Schauspieler sich an Worten und Körpern abarbeiten. Überall scharfe Kanten und tiefe Schluchten – und die Angst vor dem freien Fall. Lenz hält fest, reibt auf, zieht hinein. Wer sind wir, wenn wir keinen Halt mehr haben?

Carolin Millner (HfMDK), Caroline Rohmer, Daniel Schauf, Caroline Ströhle, Julius Ohlemann, Thomas Strecker, Daniel Schauf

BEING LENZ
Ein Nachvollzug mit drei Schauspielern

Drei Schauspieler begeben sich auf Spurensuche. Sie wollen das Geschehen, welches in Büchners Fragment geschildert wird, nachvollziehen und dabei dem „Lenz-Gefühl“ nahe kommen. Innere Vorgänge finden Bilder und provozieren einen Umgang. Die Schauspieler werden zu Archivaren, spielen mit Fragmenten, nähern sich an, stoßen sich ab, und kehren um – können und wollen sie und wir Lenz überhaupt verstehen und nachfühlen?

Suse Pfister (ATW), Pedro Hafermann, Thurid Goertz, Dirk Müller, Anne-Elise Minetti, Pascal Thomas

WÄRST DU NUR ... MARIE

Szenisches Hörstück

W: Drück die Auge zu. Noch fester. Oder es holt dich.
M: Rührs nicht an, Franz, sonst hast bald ein Messer im Rücken.

Augen, die besser hören, Ohren, die besser sehen! Lasst uns die Sinne mit dem Skalpell trennen. Das szenische Hörstück Wärst du nur … Marie spielt mit den Grenzen zwischen audiophiler und visueller Wahrnehmung. Dabei gilt es zu untersuchen, was passiert, wenn diese beiden Darstellungsebenen sich nicht berühren können. Ebenso wenig wie die Hauptfiguren in Büchners Dramenfragment Woyzeck.

Leander Ripchinsky, Max Brands, Hanna Steinmair, Jonas Werminghausen, Kevin Barz (ATW)

IN INNEREIEN

176 Jahre nach dessen Tod führt die Betrachtung eines Virtuosen mehr als ohnehin dazu, dass man sein Werk ganzheitlich zu betrachten versucht und mit dem Leben und den anderen schriftlichen Gedanken des Autors vermischt. Wie aber ließe sich Büchners Werk aktualisieren, wenn man seine Zustandsbeschreibung primär aus einem (pop-)kulturellen Blickwinkel betrachtet? Büchner wird seinen selbsterschriebenen Dämonen ausgesetzt; in ein postapokalyptisches Szenario geworfen, lädt er zur Einverleibung ein. Als Opfer einer Zombie- Epidemie bleiben Körper als bloße Bissflächen, als Hindernis und Voraussetzung einer Annäherung. Reanimation scheint unumgänglich, eine Wiederkehr der lebenden Toten unaufhaltbar.

Lin Nan Zhang (HfG)

ÜBER SCHIZOPHRENIE

Performance

Der Mensch ist zerissen. Ecken und messerscharfe Kanten, Schichten, Reflexionen an der Oberfläche, Schwarz und Weiß, Ineinandergreifen einzelner Formen, einzelne Glieder, die erst zusammen ein Ganzes ergeben. Der Panzer als Schutz oder Gefängnis? Die Rüstung für Lenz, um in den Kampf zu ziehen? Lenz sortiert einen riesigen Berg schwarzer und weißer Reiskörner wie Aschenputtel.