Neue Produktion „Die Schmachtigallen landen einen Hit“ mit nicht immer überzeugenden Leistungen
Was ist, wenn all deine Versuche fehlschlagen, einen Ohrwurm zu schreiben? Genau davon handelt das neue Stück der Schmachtigallen, das am Sonntag im Großen Haus des Stadttheaters Premiere feierte. Unter dem Titel „Die Schmachtigallen landen einen Hit“, sieht man Roland Furch, Jan Hoffmann, Severin Geissler und Martin Ludwig als das A-cappella-Quartett „Die Triller-Boys“, dem die musikalisch-kreative Zwangspause gehörig auf die Nerven geht. Denn den Vollblutmusikern will nach so vielen erfolgreichen Musikjahren einfach gar nichts mehr einfallen. Alle Lieder scheinen gesungen, alle Geschichten erzählt.
So ziehen sie in eine kreative „Männer-WG“ – mit all den Vor- und Nachteilen, die das WG-Leben so mit sich bringt. Hier begeben sie sich singend, improvisierend und tanzend auf die Suche nach „dem“ Hit. In ihrer Verzweiflung hegen die Musiker schon Auswanderungsgedanken in Richtung Amerika. Bis die Truppe bei einem frustrierenden Barbesuch Sängerin Joana kennenlernt, die die müden Männer munter macht und ihnen letztendlich bei der Talentshow „Wer landet den besten Hit“ wieder auf die Beine hilft.
Doch es waren nicht die Schmachtigallen, die im Stück einen Hit landeten: Musicalsängerin Julia Lißel sang als Joana die Herren der Schöpfung einfach glattweg an die Wand und fegte die Barbershop-Truppe mit ihrer furiosen Stimme hinweg. Schon bei ihrem ersten Auftritt mit „Makin‘ Whoopee“ fühlte man sich in die Zeiten von Eddie Cantor versetzt, der dem Song aus dem Musical „Whoopee“ 1928 zu seinem ersten großen Erfolg verhalf. Ab dieser Situation wirkten die eigentlichen Protagonisten „Triller-Boys“ lediglich wie Beiwerk. Zudem war es sicherlich nicht Jan Hoffmanns beste Premiere. Der Tenor schwächelte in den Höhen, bei Roger Ciceros Hit „Frauen regier’n die Welt“ langte es lediglich mit Ach und Krach zum Actionhelden. Gewiss nicht leicht zu singen, aber dennoch sollte man dies bei einem Stück im Stadttheater ohne Wenn und Aber erwarten können.
Auch von der Band hörte man den einen oder anderen seltenen Patzer – äußerst unüblich für die sonst so professionellen Musiker. Doch trotz aller Kritik: die Songs, die die Truppe zum Besten gab, waren witzig und gaben ein gutes Abbild über das Repertoire, das die Schmachtigallen eigentlich beherrschen. Ob es nun das swingende „Cheek to Cheek“ von Irving Berlin war oder der Song „Lollipop“: Die Songs waren witzig und vor allem selbstironisch. Und bei „Dem Lied, das jeder liebt“ konnte man die Schmachtigallen mit Sängerin Lißel herrlich über die kleinen Oberflächlichkeiten, die sich beim Schreiben eines solchen Schmachtfetzens ergeben, zanken sehen. Krönender Abschluss war der „Wunsch-Song“ ganz am Ende der Vorstellung. Denn die Truppe hatte sich vorgenommen, in jeder Vorstellung einen Musikwunsch eines Bandmitglieds zum Besten zu geben. Das nun vorgestellte „Der Mann, der keine Beatbox konnte“ von der Comedy-A-Cappella-Truppe Basta sorgte wegen der absichtlich falschen Rhythmen (die bewiesen, wie rhythmussicher die Jungs eigentlich sind) und sehr guten Interpretation für mehr als den einen oder anderen Lacher aus dem Publikum. Für eine sehr gute Performance müssen die Schmachtigallen bei den kommenden Vorstellungen noch einen Zahn zulegen.
Inka Friedrich, 22.11.2016, Gießener Anzeiger