Zauberhafte Wesen im Stadttheater Gießen: Kerzenkobolde und Flatterfeen zeigen in »Gurkes Glück«, dem Familienstück zur Weihnachtszeit, wie wichtig Freundschaft ist.
Regisseurin Jule Kracht will Kinder mit Theater berühren. Und genau das gelingt ihr in ihrer Inszenierung und Uraufführung des Stücks »Gurkes Glück« von Carolin Jelden zweifellos. Das neue Familienstück zur Weihnachtszeit im Großen Haus des Stadttheaters ist wahrhaft magisch, verzaubert die Jungen und Mädchen im Publikum von der ersten Minute an – und hält sie bis zum Schlussapplaus in seinem Bann.
Die Geschichte entführt Zuschauer ab sechs Jahren in eine Welt voller Kerzenkobolde, Flatterfeen und Steinmonks. Hauptfigur ist jedoch der Junge Gurke, der nicht nur unter seinem Spott provozierenden Namen zu leiden hat, sondern auch vom Pech verfolgt scheint. So wie die anderen Bewohner von Lichterland, denen der ständig mit Rumpeln und Steinlawinen wachsende Berg zunehmend Sonne und damit die Lebensgrundlage nimmt.
Nur den Lampenmeister freut das, kann er doch so seine Glühwürmchenlampen besser verkaufen. Dem Mädchen Gwendolyn und dem Lampenmeister-Lehrling Gurke gelingt es jedoch, mit Hilfe der magischen Wesen des Waldes, den zürnenden Berggeist zu besänftigen und am Ende sogar noch ihr ganz persönliches Glück zu finden.
Zauberwald und Bergmassiv
Jule Kracht, die sich als Schauspielerin und Regisseurin unter anderem beim Mannheimer Schnawwl-Theater einen Namen in der Kinder- und Jugendtheaterszene gemacht hat, inszeniert das kaum einstündige Stück als ästhetisches Ereignis voller Lichterglanz. Das von Thomas Döll entworfene Bühnenbild ist äußerst wandelbar, verändert sich im schnellen Wechsel auf offener Bühne vom verwunschenen Zauberwald zur tristen Häuserschlucht und schließlich zum schroffen Bergmassiv.
Auch bei Ursula Bergmanns schillernden Kostümen gibt es viel zu entdecken, wenn beispielsweise die Flatterfee mit ihren Fächerflügeln auf einer Schaukel in luftige Höhen gezogen wird oder der grüne Kerzenkobold mit seiner leuchtenden Krone Glühwürmchen schweben lässt.
Schmissige Songs und stille Momente
Jule Kracht inszeniert »Gurkes Glück« nicht nur mit schmissigen Songs (Musik: Till Rölle), sondern hat auch den Mut zu stillen Momenten. Dass das junge Publikum auch dann noch hochkonzentriert bei der Sache ist, zeigt, dass das Konzept aufgeht.
Als Gurke konnte in der Premierenvorstellung Stadttheatergast Wolfgang Erkwoh mit seinem Jungencharme restlos überzeugen, Lotta Hackbeil stand ihm als liebenswerte Gwendolyn tatkräftig zur Seite. Carolin Weber als schillernde Flatterfee oder verbitterte Gemüsehändlerin, Sebastian Songin als reimender Kobold oder polternder Berggeist und Roman Kurtz als fieser Lampenmeister und trompetender Königsbote machten das Quintett perfekt.
In weiteren Vorstellungen sind als Doppelbesetzung Maximilian Schmidt (Gurke), Paula Schrötter (Gwendolyn«, Ewa Rataj (Flatterfee), Milan Pešl (Kobold) und Tom Wild (Lampenmeister) zu sehen. Das wundervolle Märchen gleich mehrfach anzuschauen ist also schon allein deshalb durchaus eine Option.
Silke Schepp, 21.11.2017, Gießener Allgemeine Zeitung