Was Martin Gärtner und das Team des Stadttheaters bei den Schüler- und Familienkonzerten auf die Beine stellen, ist eine Wucht. Wer sorgt für »Wirbel im Orchester«? Woran kann ich bei »Peter und der Wolf Ente, Großvater oder Katze erkennen? Und warum gilt die Querflöte als Holzblasinstrument? Um solche Fragen geht es immer wieder bei diesen Veranstaltungen, die in Schüler- und Familienvorstellungen kindgerecht gestellt und beantwortet werden. Der jüngste Glücksfall der Reihe ist das Familienkonzert »Don Giovanni und die Stimmen«, das dieser Tage in Schülervorstellungen aufmerksame Zuhörer aus Grundschulen und Eingangsstufen fand und am Sonntag, 4. Februar, um 11 Uhr im Großen Haus als Konzert für Kinder, Eltern und Großeltern wiederholt wird.
Diesmal hatte Moderator und Jugendchorleiter Martin Gärtner nicht wie sonst ein komplettes Orchester mitgebracht, sondern lediglich den Flügel. Und auf dem begleitete er die Vertreter unterschiedlicher Stimmlagen bei ihren Arien aus eben jener Oper »Don Giovanni«, die aktuell auf dem Spielplan des Theaters steht. Die Baritone Tomi Wendt und Grga Peroš, Tenor Clemens Kerschbaumer, Bass Nikolay Anisimov und Sopranistin Karola Pavone, zum Teil in Originalkostümen der Inszenierung, sangen berühmte Arien und Duette aus der Mozart-Oper in italienischer Sprache. Wer wollte, konnte die Übersetzung gleich auf den beiden Monitoren neben der Bühne mitlesen.
Doch Pavone und ihre Gesangskollegen, die auf Ottomane und Kanapee mit erkennbarem Spaß an diesem ungewöhnlichen Konzertrahmen Platz nahmen, plauderten auch aus dem Nähkästchen. Dass Peroš erst als Endzwanziger beschloss, Sänger zu werden, Anisimovs enorm tiefe Stimme zufällig bei einem Ständchen während seines Informatikstudium entdeckt wurde oder Tomi Wendt erst im Stimmbruch die Lust packte, seine neue Stimme auszuprobieren, erstaunte die jungen Zuhörer. »Macht eure Leidenschaft zum Beruf«, riet ihnen Gärtner.
Aber was wäre ein Familienkonzert ohne die Vermittlung von Wissenswertem aus dem Bereich der Musik? Die Kinder erfuhren, wie die Spannung der Stimmbänder Töne in unterschiedlicher Höhe erzeugt, und welche Rolle Kehlkopf und Schädel dabei spielen. Sie konnten unmittelbar miterleben, dass ausgebildete Sänger kein Mikrofon brauchen, um einen kompletten Theatersaal mit ihrer Stimme auszufüllen und extrem lange einen Ton halten können. Und dass ein Rezitativ in einer Oper dazu dient, die Handlung voranzutreiben, ist nach diesem Konzert ebenfalls für sie nichts Neues mehr.
Karola Schepp, 21.01.2018, Gießener Allgemeine Zeitung