LIVE-HÖRSPIEL IN EWIGKEIT von Milan Pešl und Claudia Weber sorgt für Spannung / Geräusche und Musik
Kaum zu glauben: Auch heute noch gibt es offiziell von der Kirche benannte "Teufelsaustreiber". Immerhin wurde das sogenannte "Rituale Romanum", das die Vorgehensweise für den Exorzismus genau festlegt, 1999 vom Vatikan überarbeitet. Jetzt müssen in jedem Fall Ärzte und Psychiater zur Prüfung einer "Besessenheit" hinzugezogen werden. In diesem Milieu zwischen Wahnsinn und Angst spielt das Live-Hörspiel "In Ewigkeit" von Milan Pešl und Claudia Weber. Die Zuschauer, darunter viele Studierende, waren hingerissen. Nach 75 Minuten Spannung in der Studiobühne taT gab es begeisterten Applaus.
Zunächst ein Blick auf die im Fall eines Hörspiels doch so wichtige Technik: Wenn alles einwandfrei funktioniert, ist das immer Anlass zur Freude. Bei diesem Live-Hörspiel erhielt jeder Besucher vor Betreten des Raumes einen kabellosen Kopfhörer, der über Bluetooth mit der Bühnentechnik verbunden war: Das Hörspiel konnte starten. Nicht nur für die Ohren, sondern auch für die Augen wurde viel Anreiz geboten. Von Anfang an waren alle Beteiligten auf der Bühne präsent; ganz puristisch in schwarz-weiß gekleidet und mit ausgeklügelten Lichteffekten in Szene gesetzt.
Und da konnte der Zuschauer auch gleich beobachten, woher die Geräusche kamen: Suse Pfister sorgte am Geräuschepult für Knistern und Rauschen, sie ließ Glas zerspringen und Türen knallen. Spannend zu beobachten und sonst nur in den Hörspielstudios der Rundfunkanstalten zu sehen. Nebendran am Mischpult sorgten Timo Hagmann und Jaqueline Schmidt für den gelungenen Live-Mix.
Horrorgeschichte
Soweit zur Technik. Doch um was geht es überhaupt? Zu hören ist eine fast klassisch zu nennende Horrorgeschichte, doch nicht wie erwartet in den USA, sondern in Deutschland angesiedelt: Die Eltern von Agnes sind bei einem Autounfall verbrannt. Das kleine Mädchen überlebt und wird in einem Internat untergebracht. Bei einer Grippe-Epidemie sterben viele ihrer Mitschüler, Agnes konnte den Tod der Kinder vorhersehen. Nach einer "Teufelsaustreibung" und diversen therapeutischen Behandlungen kommt die junge Frau 20 Jahre später gemeinsam mit ihrem Mann Clemens durch einen Zufall an diesen finsteren Ort ihrer Jugend zurück. Und alles beginnt von vorne.
Bei diesem Live-Hörspiel, das auf vier Zeitebenen spielt, waren grandiose schauspielerische Leistungen zu erleben, zum Teil waren die Akteure auch in mehreren Rollen zu hören: Ewa Rataj als Agnes Brunner konnte mit ihren schizophrenen Auftritten dem Besucher das Gruseln lehren. Eben noch sprach sie sanft und freundlich, da kippte ihr Verhalten um in hysterisches Gelächter. Sehr überzeugend wirkte auch Roman Kurtz abwechselnd in der Rolle eines Psychologen und anschließend als Ehemann Clemens Brunner. Carolin Weber übernahm den Part der ehemaligen Mitschülerin Rebecca Lehmann und Lotta Hackbeil als Sarah Schelling. Beide Frauen sprachen zudem den Textpart von zwei Polizistinnen.
Bleibt schließlich noch Milan Pešl hervorzuheben, der nicht nur, inspiriert von zwei Kinofilmen, das Hörspiel "In Ewigkeit" zusammen mit Claudia Weber selbst verfasste und die Regie führte, sondern zudem eine kleine Rolle als Arzt übernahm und vor allem mit seinem Gitarrenspiel positiv auffiel. Die im Bereich der Rockmusik angesiedelte Komposition hat Pešl zusammen mit dem Gießener Musiker Marcel Rudert geschrieben, Rudert war im taT am Keyboard zu hören. Live eingespielt wurden zudem Rhythmen und elektronische Klänge. Und richtig hingehört: Da waren auch Anklänge eines Kinderliedes zu hören.
Aktionreiches Geschehen
Augen auf oder Augen zu? Das war bei diesem Live-Hörspiel die Frage. Intensiver waren Texte und Geräusche durchaus mit geschlossenen Augen zu erleben. Doch auf Dauer wäre dem Besucher zu viel von dem aktionsreichen Geschehen auf der Bühne entgangen.
Eine spannende Vorstellung, professionell aufgezogen: Zu wünschen sind noch mehr Stücke aus diesem außergewöhnlichen Genre "Live-Hörspiel".
Ulla Hahn-Grimm, 09.01.2018 , Gießener Anzeiger