In der sechsten Runde der Diskussionsreihe »Die offene Gesellschaft« wird die Gretchenfrage gestellt: »Wie hast Du’s mit der Religion?«. Bei dem Forum, das auf eine Initiative von Stadttheater-Intendantin Cathérine Miville sowie der Professoren Claus Leggewie und Hans-Jürgen Wirth zurückgeht, können Leggewie und Behzad Borhani als Moderatoren am Sonntagabend um 19.30 Uhr im Stadttheater eine Reihe von Gästen begrüßen, die über ihre Erfahrungen mit dem Glauben sprechen werden.
1 Mit welchen Themen hat sich die Diskussionsreihe »Die offene Gesellschaft« bisher beschäftigt?
Begonnen hat das Forum vor mehr als drei Jahren mit dem Thema »Flucht und Integration«. Dabei ging es nicht nur um grundsätzliche humanitäre Fragen der Flüchtlingsbewegung, sondern auch explizit um die Situation in Gießen mit seiner großen Erstaufnehmeeinrichtung. Auch bei der Frage »Wie wollen wir leben?« sind wir auf die Situation in Gießen eingegangen, zum Beispiel auf die Tatsache, dass es eine spürbare Veränderung des Mietpreisniveaus gibt.
2 Warum ist das Stadttheater Gastgeber dieser Diskussionsreihe?
Menschen brauchen ein Forum, in dem sie über die Dinge sprechen können, die sie bewegen. Früher hat der Marktplatz ein solches Forum geboten, heute erfüllen immer häufiger digitale Medien und soziale Netzwerke – oft mit einer gewissen Schieflage in Sachen Ausgewogenheit – diese Funktion. Das Stadttheater hat das Selbstverständnis, der Marktplatz der Gedanken zu sein. Da lag es nahe, mitten in der Stadt über diese Themen zu sprechen.
3 Wie kommen Sie aktuell auf das Thema Religion?
Im Prinzip stellen wir damit die Gretchenfrage. Es gibt in Gießen viele Institutionen, die sich mit dem Thema Glaube und Religion beschäftigen und die dazu auch einen Dialog anbieten. Dabei ist der religiöse Glaube längst nicht mehr selbstverständlich. In Gießen und Umgebung gehören nur noch zwei Drittel der Bevölkerung einer Gemeinde an und noch weniger praktizieren ihren Glauben regelmäßig. Über Religion wird selten gesprochen. Wenn doch darüber diskutiert wird, dann geht es meistens um das Verhältnis von Islam und Abendland. Am Sonntagabend wird es um die Frage gehen, wie Gläubige ihre Haltung beschreiben, was ihnen Gott im Alltag bedeutet und welche Rolle Religion im öffentlichen Leben spielen soll. Die Runde wird besetzt sein mit Menschen, die unterschiedliche religiöse und weltliche Gruppen vertreten. Die Spanne reicht von praktizierenden Gläubigen bis zu Diskussionsteilnehmern, die klar sagen: Ich glaube nicht – und das aus gutem Grund.
KURZBIOGRAFIE
Behzad Borhani wurde in Teheran geboren, hat das Abitur an der Gießener Liebigschule absolviert und ist seit 2003 in den verschiedensten Funktionen am Gießener Stadttheater beschäftigt. In der Spielzeit 2004/2005 absolvierte er sein Freiwilliges Soziales Jahr in der Abteilung Kinder- und Jugendtheater, von 2005 bis 2010 war er neben seinem Studium der Politologie und der deutschen Literatur als Assistent der Öffentlichkeitsarbeit beschäftigt. In den beiden Spielzeiten bis 2012 war der 34-Jährige Leiter der Öffentlichkeitsarbeit. Nach einem Jahr Auszeit kehrte er ab der Spielzeit 2013/14 als Koordinator für Sonderveranstaltungen ans Stadttheater zurück. Seit der Spielzeit 2018/19 ist er zusätzlich Koordinator der Öffentlichkeitsarbeit.
Armin Pfannmüller, 12.11.2018, Gießener Allgemeine Zeitung