Lesung mit Ivana Sajko und Alida Bremer in der taT-studiobühne
Für ihren kürzlich erschienenen »Liebesroman« haben die kroatische Autorin Ivana Sajko und ihre Übersetzerin Alida Bremer den Internationalen Literaturpreis des Hauses der Kulturen der Welt (Berlin) erhalten. Am Samstag stellten die beiden den Roman auf der taT-Studiobühne vor.
Vor zwei Wochen hatte »Rio Bar« Premiere auf der Studiobühne, die Autorin Ivana Sajko hatte selbst Regie geführt und damit ihre erste Regiearbeit an einem deutschen Stadttheater geliefert. Zudem war das Stück, dessen Grundlage der gleichnamige Roman ist, gemeinsam mit dem Stadttheaterteam entwickelt worden. Darauf wies Dramaturgin Carola Schiefke in ihrer Begrüßung noch einmal hin.
»Ivana Sajko ist eine der wichtigsten Stimmen der kroatischen Gegenwartsliteratur. Die vielen internationalen Preise belegen dies hinlänglich«, stellte Alida Bremer, Moderatorin und Übersetzerin dieses ungewöhnlichen Literaturabends, klar. »Und ohne Alida Bremer wäre es nicht so weit gekommen, zumindest im deutschsprachigen Raum«, gab Sajko das Kompliment zurück. Die beiden kennen sich seit 18 Jahren, solange übersetzt Bremer ihre Theaterstücke und Romane. Für Sajko waren die vielen intensiven Gespräche über Kroatien und über Literatur wichtig für ihr Schreiben, fügt sie an.
Warum dieser Titel, der doch eher ein Gattungsbegriff ist? Zudem geht es im Roman beständig ums Streiten, wo bleibt da die Liebe? Sie habe schon länger einen Roman über die Liebe schreiben wollen, ohne dabei in herkömmliche Muster zu verfallen, erklärt sie. Dies sei ihr gelungen über ein drittes Gegenüber: die Gesellschaft. Sie will damit zeigen, wie sich gesellschaftliche Verhältnisse auf die Liebe zwischen zwei Menschen auswirken. Es stellen sich Fragen wie: Kann man die Liebe bewahren trotz Enttäuschung, Erfolglosigkeit und beständiger Geldnot?
In einem Rutsch zu lesen
Angesiedelt in Künstlerkreisen schreibt Sajko auch über ihr eigenes Milieu, das jedoch übertragbar sei auf andere Schichten und in andere Länder, wie sie sagt. Zum politischen Anteil des Romans, eine Demonstration, berichtet sie den realen Hintergrund: der Kampf der Bewohner gegen die mafiöse Struktur in der Stadtverwaltung Zagreb. Wo ein Teil der Altstadt abgerissen und ohne Baugenehmigung ein Shoppingcenter gebaut wurde. Drei Jahre Kampf hatten nichts genutzt.
Es geht also nicht nur um private Liebe in dem Roman. Aber die Autorin erzählt konsequent aus der individuellen Sicht der Personen. Und das in dem für sie typischen Stil von unglaublicher Dichte. Selbst beim Lesen fühlt man sich atemlos werden, kann kaum aufhören oder eine Pause machen. Ein Buch, das wie in einem Rutsch geschrieben scheint, zumindest so gelesen sein will.
Dagmar Klein, 29.01.2019, Gießener Allgemeine Zeitung