Aktuelle Kammerkonzertreihe im Stadttheater mit einem Programm zwischen Bach und Henze eröffnet
Zu den erfreulichen Seiten der kalten Jahreszeit gehören die Kammerkonzerte im Foyer des Stadttheaters. In der Matinee am Sonntag startete die aktuelle Saison mit Werken von Johann Sebastian Bach, Hans Werner Henze, Pierre Sancan, Nino Rota und einem sehr modernen Programm. Energie und handwerkliches Niveau waren wie immer untadelig, die Freude der Zuhörer groß.
Carol Brown (Flöte), Jiri Burián (Violine), Emily Härtel (Cello) und Yuko Masuda-Dreher (Cembalo, Klavier) lieferten beste Arbeit ab, als sie vor vollem Haus mit Bachs Triosonate c-Moll für Flöte, Violine und Basso continuo aus „Musikalisches Opfer“ in vier Sätzen loslegten. Im ersten Satz lieblich leicht, im Klang warm und sonnig wurde musiziert. Im zweiten Satz etwas lebhafter und mit guter Transparenz, baute sich dann wirksam Spannung auf. Die Feinheiten wurden klar umgesetzt, das Ganze etwas größer. Im Dritten deutlich zurückgenommen, fast bedächtig und exzellent musiziert.
Das Ensemble entwickelte im Ganzen den barocken Charme des Werks mit vorbildlicher Geschlossenheit und schloss im Vierten mit Schwung und kleinen dynamischen Spitzen sensibel und präzise ab.
Eine große Leistung präsentierte dann Emily Härtel mit Henzes (1926 – 2012) Serenade für Violoncello solo. Sie erarbeitet das Dialogische in den Strukturen der neun kurzen Sätze differenziert heraus und zeigte die fast poetische Schönheit des 1949 entstandenen Stückes mit wunderbar spürbarem Ausdruck. Zuweilen hochdramatisch verbildlichte sie gleichsam die Kontraste und lieferte eine rundum farbige, kurzweilige Version des schillernden Werks ab.
Pierre Sancans (1916 – 2008) Sonatine für Flöte und Klavier (1946) in drei Sätzen erklang dann mit naturhafter Leichtigkeit und wehender Charakteristik. Die aparte moderne Thematik wurde im Wechselspiel mit teils narrativem Duktus realisiert, auch tänzerisch, mit verhaltenem Spannungsaufbau und impressionistisch wirkender Farbigkeit. Zuweilen blitzten freie Klangelemente auf, und die zwei Klangkörper vereinigten sich hochdramatisch. Nino Rotas (1911 – 1979) dreisätziges Trio für Flöte, Violine und Klavier (1958) schloss den musikalischen Morgen lebhaft, intensiv und dramatisch ab. Das Thema ließ keinen Moment der Langweile aufkommen, was auch am charmanten schrägen Schmäh lag, den das Ensemble naturgetreu umsetzte. Im Zweiten schwelgerische Intensität, emotional, und innige leise Momente. Schließlich drängende Intensität, eilige Läufe und kraftvolle Akkord-Akzente mit einfallsreichen marschähnlichen Strukturen. Großer Beifall des aufgeschlossenen Publikums, das die Leistungen der Mitwirkenden sehr zu schätzen wusste.
Heiner Schultz, 06.11.2018, Gießener Anzeiger