Michael Quast hat seine Fans. Seit Jahren erfreut der Schauspieler, Sänger, Regisseur und Kabarettist mit seinen unkonventionellen Klassikerbearbeitungen. Im Stadttheater war der Frankfurter schon mehrfach zu erleben. Nun widmete er sich Jacques Offenbach.
Seine Fähigkeit mehrere Personen eines Stücks darzustellen hat Michael Quast zu einer einzigartigen Kunstform perfektioniert. Er ist Erzähler und Kommentator, Sänger und Geräuschemacher, vor allem aber stellt er mühelos das gesamte Personal der Operette dar.
Eine eh schon lustige Vorlage bietet die Operette »Pariser Leben« von Jacques Offenbach, - die dieser zur Weltausstellung 1867 komponierte. Darin wird die feine Gesellschaft kräftig auf die Schippe genommen und die Vorbehalte gegen deutsche Handwerker in Paris vorgeführt. Stichworte sind: Billiglohnsektor und Migrationshintergrund. Die Anfänge des Tourismus werden karikiert, beginnt doch das bunte Treiben auf dem Bahnhof und geriert sich einer der Bonvivants als Gästeführer.
Auch sollte erwähnt werden, dass der Urvater des Musicals eigentlich Jakob hieß und aus Köln stammte, dort geboren am 20. Juni 1819. Das Gastspiel im Stadttheater fand also relativ passgenau zum 200. Geburtstag statt.
Die Textvorlage haben Rainer Dachselt und Michael Quast überarbeitet, es strotzt nur so von aktuellen Bezügen. Auf der Bühne wird Quast begleitet von dem Pianisten Rhodri Britton, der auch mal mitsingt, an der passenden Stelle klopft oder klatscht, also wichtiger Taktgeber im musikalischen Gefüge ist. Quast reicht ein Tisch und seine Notenmappe, häufiger zum Einsatz kommt das Tischmikrofon, das er als Inspizient für Ansagen der nächsten Auftritte oder den Ausruf »Vorhang!« nutzt.
Besucher summen an der Ampel
Die Flasche Rotwein ist wichtiges Indiz für die Dauerfestivitäten, denn dreimal stellt er eine fröhlich singende Trinkgemeinschaft dar. Vertraut klingen die Melodien der deutschen Handwerker, die, verkleidet als hohe Herrschaften, bekannte deutsche Volkslieder ansingen. Und sich darüber lustig machen, dass im Élysée Palast der Macron mit Mutti im Bett liegt. Darstellerisch ausgesprochen witzig ist die Szene, wenn die drei pickligen und ewig kichernden Nichten des Hausmeisters zeigen, was sie auf dem Catwalk alles fertigbringen, trotz unbequemer Stilettos. Die tänzerisch-frivole Andeutung ist köstlich. Zwischenapplaus ist Quast gewiss. Wie an vielen anderen Stellen auch.
Diese Operetten-Farce macht gute Laune. Sie könnte auch Menschen neugierig machen, einmal die komplett ausgestattete Mehrpersonenversion anzuschauen. Oder etwas anderes von Jacques Offenbach. Die schwungvollen Melodien bleiben irgendwie in den Gehirnwindungen kleben. Draußen beim Warten auf das Ampelgrün war so manches Summen und Lachen zu vernehmen.
Dagmar Klein, 17.06.2019, Gießener Allgemeine Zeitung