Wegen der klangstarken Besetzung musste beim vierten und letzten Kammerkonzert am Sonntagvormittag vom Foyer in den großen Stadttheatersaal ausgewichen werden: Die Horngruppen des hiesigen Philharmonischen Orchesters und des Staatstheaters Darmstadt unter Leitung von Jan Croonenbroeck bildeten ein variables, bis zu zehnköpfiges Ensemble. Beide Gruppen verbinde ein langjähriger Austausch, unterstrich Moderator Berthold Cremer; humorvoll verglich er die Begegnung mit einer freundschaftlichen Fußballpartie.
Ins frühe 17. Jahrhundert führte zu Beginn eine Kanzone von Giovanni Gabrieli. Durch die räumlich getrennte Platzierung der Musiker links und rechts auf der Empore kam die Doppelchörigkeit eindrucksvoll zur Geltung. Mit wandlungsreicher, mal ganz weicher, dann forcierter Tongebung verliehen sie der Komposition weihevollen Glanz. Unbeschwert-leicht mutete danach ein Mozart’sches »Kegelduett« an.
Bei ihrer zum Dahinschmelzen sehnsuchtsvollen Interpretation bewiesen die Gießener Hornisten im Liebeslied »Bésame mucho« der mexikanischen Komponistin Consuelo Velázquez gehörig Feingefühl. Gleichermaßen inspiriert gelang den Darmstädter Kollegen der »Tanz der Seeleute« aus Reinhold Glières Ballett »Der rote Mohn«. Beide Gruppen spielten vereint das berühmte Largo aus Antonin Dvoráks Sinfonie »Aus der Neuen Welt«. Klanglich wunderbar nuanciert, zudem stimmungsintensiv geraten, dürfte die Darbietung das Herz vieler Dvorák-Liebhaber höher haben schlagen lassen.
Bei der »Sonata« aus der »Konzertanten Musik« op. 78 von Jan Koetsier bediente sich das Ensemble wieder einer vielschichtigen Farbpalette; Brillanz verströmten forsch akzentuierte Höhepunkte.
Zum Dahinschmelzen
Thematisch prägnant und kontrastbetont in puncto Dynamik ging es nach der Pause weiter mit einem Fanfaren-Arrangement. Besonders bezauberte das Tongedicht »Casbah of Tetouan« von Kerry Turner, verband es doch raffiniert orientalische Elemente mit lyrischen Momenten und rhythmisch packenden Passagen zu einem großen Ganzen.
Das vergnügliche Programm reichte bis hin zu zwei russischen Stücken von Anatol Ljadow: Nahm im »Klagenden Lied« die Melancholie gefangen, so machte sich beim folgenden »Tanz der Landleute« im Nu lebensbejahender Frohsinn breit. Bis zum Schluss des Konzerts hielten die Hornisten das hohe interpretatorische Niveau. Perfekt im Timing, dadurch ungemein spannungsgeladen meisterten sie die an Filmmusik erinnernden »Fragmente« des Japaners Ken’ichiro Kobayashi. Das begeisterte Publikum erklatschte sich als Zugabe die Bearbeitung eines Haydn’schen Streichquartettsatzes.
Sascha Jouini, 21.05.2019, Gießener Allgemeine Zeitung