»Theater vs. Poetry Slam« - Das traditionelle Theater also, mit allem, was es zu bieten hat, gegen drei Slampoeten. Bei dem von Lars Ruppel moderierten Wettbewerb auf der Bühne des Stadttheaters ging es am Freitag auf den ersten Blick mit ungleichen Mitteln zur Sache. Doch so war es nicht. Ruppel wärmte die Ohren der Zuhörer mit einer herzerwärmenden, poetisch aufbereiteten Liebesgeschichte zwischen einer Raupe und einem Holzwurm auf und begann so einen schönen Abend.
Florian Hackes Text über seine kleine Tochter, entwickelte sich zu einer gesellschaftlichen Analyse. Er zeigte auf, wie die Trennung zwischen Jungen und Mädchen und die damit einhergehende Rollenverteilung schon bei Kinderspielsachen beginnt. Nach Hacke betrat ein Tänzerduo die Bühne, die erste Darbietung des Stadttheaters. Ausgestattet mit Arm und Bein einer Schaufensterpuppe zeigten die beiden eine Tanzdarbietung, die großen Applaus erntete. Der zweite Poet, Webald Kowslowski, präsentierte ein »verdichtetes Geschichtchen« aus der Perspektive eines Baumes. Schauspieler Maximilian Schmidt präsentierte dann ein selbst geschriebenes Stück über Regisseure, die er in seiner Karriere getroffen hat - vom Intellektuellen bis zum Choleriker. Schmidt spielte sich damit ins Finale.
Nach ihm trat Linda Gabriel an das Mikrofon. Die aus Simbabwe stammende Poetin trug ihre Texte auf Englisch vor, erreichte und bewegte die Zuschauer aber dennoch. Sie spricht über Erfahrungen oder Erlebnisse von ihr bekannten Frauen, von gebrochenen Herzen, Familien und Seelen. Trotzdem bleibt sie inspirierend und wird vom Publikum auch ins Finale gewählt. Zum Abschluss kommt das Stadttheater mit einem Team aus Pianist und Sopranistin, die die Zuschauer auf eine musikalische Reise durch die Epochen mitnehmen. Ihr Thema ist die Liebe.
Im Finale zeigen die Teilnehmer noch einmal Glanzleistungen. Schmidt überzeugt mit einem Monolog aus »König Ödipus«, doch er wird von Gabriel überholt, was dem Team der Slammer zum Sieg verhilft.
Carla Mende, 02.06.2019, Gießener Allgemeine Zeitung