Hornisten sitzen im Theater normalerweise etwas versteckt im Orchestergraben. Doch Martin Gericks, Victor Lozano Mariano, Alvaro Artunedo Garcia und Berthold Cremer, die vier Hornisten des Philharmonischen Orchesters, haben das mit ihrem Auftritt beim Familienkonzert eindrucksvoll geändert. Das Quartett, ergänzt von Sänger Tomi Wendt, hat nämlich quasi im »Hornistennest« gestochert und ein komplettes kleines Stück ersonnen, in dem ihre Instrumente die Hauptrolle spielen und sie selbst nicht nur als Musiker, sondern auch als Darsteller auf der Bühne agieren.
Am Sonntag war Premiere von »Wie Rossini den Waldhörnern das Singen beibrachte«, am Montagmorgen gab es gleich zwei weitere Vorstellungen im Großen Haus. Es ist das erste Mal, dass eine Gruppe aus dem Orchester ihr Instrument so bei einem der Familienkonzerte in den Fokus rückt – und das Experiment kann durchaus als gelungen bezeichnet werden.
In einer knappen Stunde erfuhren die jungen Zuschauer nicht nur jede Menge Wissenswertes über den Komponisten Gioachino Rossini, der schon als 37-Jähriger 42 Opern komponiert hatte und sich danach auf hohem Niveau seiner zweiten Leidenschaft, dem Kochen, widmete. In der Pizzeria des Rossini-Ururenkels Luigi Rossini (Tomi Wendt) mit brennendem Ofen und gemütlichem Restaurantambiente gaben die Hornisten auch allerlei Einblick in die Fähigkeiten und Geschichte ihrer Instrumente. Dass unsere Ahnen einst dem Kuhhorn Töne entlockten und die Menschen in den Bergen mithilfe von Alphörnern über weite Strecken kommunizieren konnten, lernten die Zuhörer quasi nebenbei. Denn unter der Regie von Oliver Pauli spielten die Musiker eine Szene in Luigis Pizzeria nach, in der der Wirt den Musikern am Ende nicht nur das Singen beibringt, sondern auch allerlei Alltagsgegenstände zum klingenden Einsatz kommen. Auf Gartenschläuchen, Gießkanne und einem imposanten Alphorn erklang Musik von Rossini, aber auch Filmmusik aus einem Italo-Western oder Brahms’ »Hoch auf dem Berg«.
Gerne mehr davon
Dass es am Ende der Vorstellung statt der erhofften Pizza für die Musiker dann doch nur Dosenravioli gab, trägt der gelungenen Idee und Ausführung der Musiker nur bedingt Rechnung. Die Zuschauer kamen jedenfalls vollends auf ihre Kosten. Gerne mehr von solch Einblicken in die Welt der klassischen Musik und derlei ungewöhnlichen Auftritten der »Philharmoniker«.
Karola Schepp, 25.03.2019, Gießener Allgemeine Zeitung