Kammerkonzert im Stadttheater
Renaissancemusik, auch Bigband-Sound, Oper, Operette, Tangos, romantische Musik und ungewöhnliche Arrangements sowie zwei Perlen der Kammermusikliteratur – präsentierten Mitglieder des Philharmonischen Orchesters am Freitag im Stadttheater, begleitet von Informationen und launigen Kommentaren auch von Cathérine Miville. Dass der Musentempel exzellente Musiker hat, zeigte sich in stark divergierenden Besetzungen, vom empfindsamen Duo aus Violine und Klavier bis zu achtfachem Blech. Das ergab recht gewagte Kontraste.
Einem »erhabenen Beginn« (Miville) mit Giovanni Gabrielis Sonata Pian‹ e forte von 1595 boten je zwei Hörner, Posaunen und Trompeten in getragenem Modus, gefolgt von einem Sprung in die Gegenwart mit der Ouvertüre zu »Das trojanische Boot«, einer Theaterarbeit des Blechbläserensembles Mnozil Brass sowie einem Arrangement des Posaunisten Alexander Schmidt-Ries von Stefan Nilssons »Gabrielas Sang«.
Johannes Brahms 3. Violinsonate d-Moll wurde mit innigem Sentiment interpretiert von Ivan Krastev (Violine) und Evgeni Ganev (Klavier); der anspruchsvolle Klavierpart geriet in den Ecksätzen etwas laut gegenüber dem lyrischen Violinton. Dass nach jedem Satz geklatscht wurde, gehört zu den Unsitten des Publikums und reißt das Werk auseinander. Noch negativer fiel das ins Gewicht im zweiten kammermusikalischen Highlight, Anton Dvoraks »Amerikanischem Quartett«, wo selbst nach dem träumerisch entrückten Lento der Beifall ausbrach. Dennoch gehörte die Darbietung zu den Bonbons, und Cornelius Jensen, Goowon Baek (Violinen), Karolina Rybka (Viola) und Attila Hündöl (Cello) machten das F-Dur-Opus zu einem ausdrucksstark durchleuchteten Juwel.
Charles Gounods Petite Symphonie B-Dur für neun Bläser zeigte perfektes Zusammenwirken von Blech- und Holzbläsern, wobei die silbrig vibrierende Flöte von Carol Brown eine besonders ansprechende Rolle für den Divertimento-Charakter erfüllte; Jagdklänge im Scherzo und heitere Fagotttupfer im Finale gefielen. Gottfried Köll und Peter Sanders (Oboe), Anna Deyhle und Thomas Orthaber (Klarinette), Maria Oliveira Plümacher und Mareike Hoffmann (Fagott) sowie Victor Lozano Mariano und Berthold Cremer (Horn) vervollständigten das Ensemble.
Ob Jules Massenets Meditation aus »Thais«, eine melodiöse spätromantische Petitesse ursprünglich für Geige mit Orchester, und Camille Saint-Saens‹ »Schwan« aus Karneval der Tiere, im Original für Cello und Klavier, durch die Bearbeitung für Harfe und Posaune gewinnt, sei dahingestellt. Zumindest bei der Posaune war die Eleganz des Schwans nicht zu assoziieren.
Das Duo »Himmel und Erde« mit Kurt Förster (Posaune) und Hye-Jin Kang (Harfe) wirkte stimmig mit seiner Bearbeitung von Astor Piazzollas »Libertango«. Tangosätze waren es auch, die am Ende für Wohlbefinden sorgten. Dabei: Nobuo Tsuji, Johannes Osswald (Trompete), Martin Gericks, Alvaro Garcia, Victror Mariano (Horn), Philippe Schwarz, Kurt Förster und Alexander Schmidt-Ries (Posaune). Interessante Klangfarben durch Trompeten, melancholische Passagen, grelle Dissonanzen und heiße Rhythmik machten Piazzollas Suite aus »Maria de Buenos Aires« zum Klasse-Schlusspunkt. O. Lappo-Danilewski
Olga Lappo-Danilewski, 17.09.2018, Gießener Allgemeine Zeitung