Zu Besuch in einer Pizzeria: Familienkonzert im Stadttheater widmet sich „Rossini“ und dem Klang des Waldhorns
Volles Haus bis hinauf in die Ränge: Ein köstliches musikalisches Erlebnis präsentierte am Sonntag das Stadttheater Gießen mit dem Stück: „Wie Rossini den Waldhörnern das Singen beibrachte.“ In der Reihe der beliebten Familienkonzerte waren die vier Hornisten des Philharmonischen Orchesters die Hauptpersonen. Berthold Cremer, Martin Gericks, Victor Lozano Mariano und Alvaro Artunedo Garcia versuchten gemeinsam mit Hausbariton Tomi Wendt das Interesse der Kinder an klassischer Musik zu wecken. Diesmal ging es um die Blechblasinstrumente und ganz speziell um das Waldhorn.
Bild vom Ururgroßvater
Vielversprechend war gleich am Anfang der Blick in eine Pizzeria auf der Bühne. Stühle, Tische, in der Küche ein Ofen, Pizzableche, Gewürze und so weiter. Der Sänger Tomi Wendt betritt als Pizzabäcker Rossini die Bühne und zieht die Kochmütze auf. An der Wand hängt ein Bild seines Ururgroßvaters, des berühmten italienischen Komponisten Gioachino Rossini (1792 –1868), der im Übrigen auch gut gekocht haben soll. Im Hintergrund sind schon die Waldhörner zu hören, und wenig später stehen auch die vier Musiker mit ihren goldblinkenden Instrumenten persönlich im Raum und geben einige temperamentvolle Melodien zum Besten. Opernfans erkennen die Melodien sofort: Es sind die Ouvertüren zu „Der Barbier von Sevilla“ und „Wilhelm Tell“.
Die Musiker erzählen bereitwillig dem interessierten Pizzabäcker alles über ihr Instrument: Wie klingt eigentlich ein Waldhorn und wie funktioniert es? Und warum bestehen Hörner aus Blech und nicht aus Horn? Auch mit Hohlräumen aus Kunststoff lassen sich Töne erzeugen: Mit Gießkannen, Wasserschläuchen und anderen Alltagsgegenständen veranschaulichen die vier Orchestermusiker die Funktionsweise eines Horns und erläutern wissenswerte Einzelheiten rund um das Thema „Blechblasinstrumente“. Zu erlernen ist ein Waldhorn etwa ab der vierten Grundschulklasse, ist zu erfahren, wenn die Schneidezähne ausgewachsen sind. Die braucht ein Spieler nämlich zur Erzeugung eines Tons.
Mit munteren Melodien lockern die Musiker die theoretischen Erläuterungen auf. Sie beweisen, dass sie Meister ihres Fachs sind und ihr Instrument, einzeln oder in der Gruppe, vorbildlich beherrschen. Vom warmen Klang der Hörner sind alle berührt. Wenn man die Augen schließt, scheint die Natur ganz nah zu sein. Es klingt nach Wäldern und Wiesen.
Richtig flotte Melodien stellte Pizzabäcker Rossini alias Tomi Wendt vor. Seine Arien freilich stammten weniger aus der Feder des Meisters persönlich, sondern aus späteren Jahren. Stolz kündigte der Pizzabäcker einen Song aus einem Italo-Western an, und tatsächlich ist die Titelmelodie aus dem Film „Die rechte und die linke Hand des Teufels“ mit Terence Hill und Bud Spencer zu hören. In der Zwischenzeit verbrennt nur leider die Pizza im Ofen, doch wer in Leidenschaft für die italienische Oper schwelgt, gibt sich auch einmal mit einer billigen Dose Ravioli zufrieden.
Damit alles reibungslos klappt, waren hinter der Bühne einige Leute mit intensiven Vorbereitungen befasst: Oliver Pauli hat als Regisseur die kleine Pizzeria-Geschichte mit Dialogen geschrieben, Dirigent Martin Spahr hörte auf den musikalischen Rahmen und Theater- und Musikpädagogin Massae Nomura sorgte dafür, dass alles rundherum stimmte.
Begeisterter Applaus, die vier Musiker kommen zu einer kleinen Zugabe noch einmal zurück auf die Bühne.
Ursula Hahn-Grimm, 26.03.2019, Gießener Anzeiger