Hören, Riechen, Sehen, Schmecken und Tasten. Das sind die fünf Sinne des Menschen. Ihnen widmet sich Patrick Schimanski in seinem Live-Hörspiel auf der taT-Studiobühne. Ein Abend voller Sinnlichkeit und Witz.
Ein Tipp vorweg: Wer das Live-Hörspiel »Die fünf Sinne« im taT besucht, der sollte sich vom lieblichen Vogelgezwitscher vor Beginn nicht irritieren lassen und den Kopfhörer besser auf niedrige Lautstärke einstellen. Denn der Abend beginnt unvermittelt mit einem ohrenbetäubenden Donnerschlag. Doch keine Angst: Was folgt, ist ein sinnliches Erlebnis mit Wohlfühlfaktor.
Patrick Schimanski, vom Komponistenkollektiv 48nord und schon mehrfach an Produktionen des Stadttheaters beteiligt, hat sich mit seinem Live-Hörspiel der fünf Sinne angenommen. Spartenübergreifend, mit einer Melange aus Klängen, Musik, Sprache und Geräuschen spüren drei Schauspieler (Stephan Hirschpointner, Roman Kurtz, Esra Schreier), zwei Sänger (Tomi Wendt und Karola Pavone), zwei Musiker (Neus Estarellas Calderón am Klavier und Spela Mastnak in der Percussionabteilung) sowie Soundoperatorin Antonia Beeskow den Sinnen des Menschen nach.
Inspiriert von der Abhandlung »Die fünf Sinne« des französischen Philosophen Michael Serres, der sich mit dem Verhältnis des denkenden Menschen zu seinen Sinnen beschäftigt, erkundet Schimanski das Reich der Sinne. Ein Schiffbrüchiger lässt die Zuhörer erfühlen, dass sich die Seele an jenem Punkt befindet, wo sich das »Ich« entscheidet. Ein Gourmet lässt sich auch von einem gepanschten Wein nicht in die Irre führen und schmeckt das »Nichts«. Und der Prinz im Märchen aus »Aschenputtel« darf ertasten, ob seiner Liebsten der gläserne Schuh – oder war es vielleicht doch eher ein Fellpantoffel – passt. Und auch Io, Zeus und der allsehende Argos, die sich von der eifersüchtigen »Spaßbremse« Hera vorführen lassen, kommen in den Texten zu Wort.
Witz und Achtsamkeit
Schauspieler und Sänger erzählen die Geschichten und kommentieren sie wortspielreich – zum Vergnügen der Zuhörer. Tomi Wendt und Karola Pavone singen dazu Melodien aus Klassik, Pop oder Volkslied, greifen auch zu Geige und kleiner Gitarre. Die Instrumentalisten und Antonia Beeskow an Computer und Mikrofon breiten dazu einen Teppich aus Klängen und Geräuschen aus. Die springen via Kopfhörer zwischen linkem und rechtem Ohr hin und her. Die Schauspieler sorgen mit wortgewandten Kommentierungen für Erheiterung und die kurzen Geschichten werden auch schon mal von langen Schweigephasen unterbrochen. Es geht um Sinnlichkeit, aber auch um Achtsamkeit. Das Verstehen der Serres’schen Philosophie ist nicht zwingend erforderlich, um den Abend zu genießen.
Karola Schepp, 16.02.2019, Gießener Allgemeine Zeitung