Anrührend, ein bisschen gruselig, zum Weinen und zum Lachen – das Jugendstück »Ich heiße Ben!« bietet all das auf der taT-Studiobühne. Nicht nur für Kinder ab zehn Jahren und Jugendliche.
Darf man auch mal lachen, wenn das Leben einem übel mitspielt? Darf man eifersüchtig auf den Bruder sein, obwohl man ihn doch eigentlich liebt? Und wie kann man die Trauer bewältigen, wenn dieser Bruder bei einem Unfall getötet wird? Um diese Fragen dreht sich das Jugendstück der dänischen Autorin Anna Panduro, das Abdul-M. Kunze nun auf die taT-Studiobühne bringt. Und das mit beachtlichem Erfolg, der gleich auf mehreren Säulen fußt: Regisseur Kunze nimmt sich des schweren Trauerthemas mit jugendlich-fantasievoller Leichtigkeit an. Lukas Noll und Imme Kachel haben ein bezauberndes Bühnenbild und wandlungsfähige Kostüme konzipiert, die schon beim Zuschauen Spaß machen. Und die drei Schauspieler – Lukas Goldbach als Ben sowie Anne-Elise Minetti und Tom Wild in wechselnden Rollen – agieren mit ansteckender Spielfreude und Lust an den zahlreichen skurrilen Momenten und Figuren des Stücks.
»Frankenstein« auf Gazevorhang
Im Stück der dänischen Autorin versucht der wissenschaftsbegeisterte Außenseiter Ben, inspiriert vom Film »Frankenstein«, den er immer so gerne mit seinem Bruder, dem Fußballstar Tom geschaut hatte, den verunglückten Bruder wieder tatsächlich zum Leben zu erwecken. Schließlich sollen die trauernden Eltern nicht mehr länger wie Zombies durch die Wohnung schleichen und Ben endlich wieder als ihren zweiten Sohn wahrnehmen. Zum Glück kommt ihm Nachbarin Sophia zu Hilfe, sodass die Geschichte doch noch einen guten Ausgang nimmt – wenn auch ganz anders, als von Ben erhofft.
FSK-Freigabe ab 10
Kunze zitiert jede Menge berühmte Filmmelodien und lässt auch das Spiel immer mal wieder wie bei einem Film als Standbild, Zeitlupe oder im Rückspulmodus ablaufen. Das spricht nicht nur jugendliches Publikum an. Zusätzlich werden auf einen Gazevorhang, hinter dem Bens Erinnerung an seinen Bruder greifbar wird, Filmszenen aus dem Schwarz-Weiß-Filmklassiker »Frankenstein« projiziert. Doch auch wenn dort Boris Karloff als Monster zu sehen ist und Ben bei seinem Versuch, den Bruder im »Zurück in die Zukunft«-Stil mit Stromschlägen wiederzuerwecken, alles andere als zimperlich vorgeht, dürften sich selbst Zehnjährige nicht unangemessen gruseln. Skurrile Einlagen für Heiterkeit. Der fußballnärrische Vater mit grässlicher Vokuhila-Frisur, die schrill-kichernde Möchtegernfreundin oder Baby Marten, das mit Schnuller über die Bühne krabbelt (und dessen Rolle hier nicht verraten werden soll), – sie alle sorgen dafür, dass die rund einstündige Aufführung wie im Flug vergeht. Trauer und Lachen, Fantasie und Realität – in »Ich heiße Ben!« gehört all das zusammen. Eben so wie im Leben.
Karola Schepp, 17.11.2018, Gießener Allgemeine Zeitung