Patrick Schimanski ist künstlerisch auf vielen Feldern zuhause. Der gebürtige Wormser arbeitet als Regisseur und Schauspieler, als Musiker und als Komponist für Bühnen in der gesamten Republik. Jetzt bringt er "Die fünf Sinne" auf Gießener taT-Studiobühne.
Patrick Schimanski ist künstlerisch auf vielen Feldern zuhause. Der gebürtige Wormser arbeitet als Regisseur und Schauspieler, als Musiker und als Komponist für Bühnen in der gesamten Republik. Auch die Gießener kennen ihn als vielfältig versierten Theatermacher, der etwa als Mitglied des Münchner Gruppe "48nord" die Klänge zu dem vor wenigen Tagen uraufgeführten Tanzstück "Metropolis - Futur III" beigetragen hat. Auf der taT-Studiobühne ist zudem gerade "Das Orangenmädchen - ein Musical für Jugendliche und Erwachsene" - zu sehen. Nun begibt sich Schimanski in Gießen auf neues Terrain: Er führt Regie bei dem Live-Hörspiel "Die fünf Sinne", das am Donnerstagabend uraufgeführt wird.
Wobei er korrigiert: "Ich sehe es eher als Klangkunst denn als Hörspiel", sagt der Regisseur im Pressegespräch. Denn es gibt hier keinen roten Faden einer geschlossenen Erzählung. Auch sorgt der gesprochene Text nur für einen Teil des rund 70-minütigen Programms. Hinzu kommen Geräusche, Gesang und Musikstücke von so unterschiedlichen Komponisten wie "Claudio Monteverdi, ,Velvet Underground' und Patrick Schimanski", lacht der ausgebildete Schlagzeuger, der selbst zwei Kompositionen zu seinem Stück beigesteuert hat.
Inspiriert hat ihn dazu ein Buch des französischen Philosophen Michel Serres, Jahrgang 1930. "Weniger bekannt als Focault oder Derrida, aber dennoch überaus einflussreich", sagt Schimanski. Und ein Denker, für den es weit weniger akademische Vorbildung brauche, weil er immer wieder das Alltägliche in den Blick nehme. Schimanski selbst hat dessen Buch "Die fünf Sinne" einst beim Fernstudium der Philosophie entdeckt und sich seitdem mit der Idee getragen, es in eine Bühnenform zu bringen. Als aus Gießen der Vorschlag kam, es in eine Live-Hörspiel-Variante zu übertragen, "war ich sofort von der Idee angetan".
Serres' Werk aus dem Jahr 1985 ist eine "Recherche im Archiv der Gemenge und Gemische", wie es im Untertitel heißt. Das Mitglied der altehrwürdigen Académie francaise bediente sich dabei zahlreicher Ideen, Motive, Fundstücke, die er aus den unterschiedlichsten Quellen für seine philosophische Sinnesreise zusammengetragen hat. Antike Sagen finden sich ebenso darin wie Märchen der Gebrüder Grimm. Kurze Gedankensplitter sind ebenso enthalten wie abgeschlossene Erzählungen.
Schimanski hat daraus eine subjektive Auswahl getroffen, die er mit drei Schauspielern und zwei Opernsängern des Gießener Ensembles, zwei Gastmusikern (Klavier und Percussions) sowie einem für die Effekte zuständigen Soundoperator auf die Bühne bringt. Was lässt sich gut erzählen? Was lässt sich musikalisieren? Das waren Kriterien, anhand der Regisseur seinen Buchstoff dramatisiert hat. Für das Publikum gibt es Kopfhörer, mit denen sie das Bühnenpersonal dabei betrachten können, wie es sie auf einen akustischen Trip ins Ungewisse schickt. "Ich habe aber auch nichts dagegen, wenn die Leute zwischendrin einmal die Augen schließen und, mit Pier Paolo Pasolini gesprochen, der Film im Kopf des Zuschauers entsteht", sagt der Regisseur.
Er selbst schätzt das Avantgarde-Theater ebenso wie das populäre Musical, hat zuletzt in München als Schauspieler an einer Hommage für den schrägen Herbert Achternbusch mitgewirkt und mit einem Elvis-Presley-Musical in Zwickau Tausende Menschen angelockt. Umso mehr darf man gespannt sein, in welche Klangwelten er sein Publikum bei diesem außergewöhnlichen Gießener Bühnenexperiment schicken wird. Schimanski verspricht: "Es wird poetisch, humorvoll, sinnlich." Vor allem aber wird es: "schön".
Björn Gauges, 13.02.2019, Gießener Anzeiger