Alle Völker verstehen eine gemeinsame Sprache: die Musik. Das klingt banal. Ist es aber nicht. Und wenn Paula Fünfeck aus dieser Idee eine Kinderoper voller Sprachwitz und Fantasie macht, dann gewinnt dieser Gedanke zusätzlichen Zauber.
Zwölftonklänge für Kinder im Kindergarten- und Grundschulalter und eine Oper über die Sprachverwirrung nach dem Turmbau zu Babel – die neueste Produktion für junges Publikum auf der taT-Studiobühne erscheint ganz schön ambitioniert. Doch nach der Uraufführung der Kinderoper »BABbEL« von Paula Fünfeck, in Anwesenheit der Komponistin, ist klar: Die kleinen Zuschauer, und auch die Erwachsenen im Publikum, finden quasi im Handumdrehen Zugang und erleben eine knappe Stunde voller Höhepunkte.
Großen Anteil daran hat Mezzosopranistin Marie Seidler, die als gelbe Latzhosenträgerin Babbel gleich in acht unterschiedliche Rollen schlüpft: mit überschäumender Spielfreude, köstlichem Humor und auf hohem stimmlichen Niveau. Mal ist sie der übereifrige König, der den höchsten Turm der Welt bauen will. Mal ist sie Gott, der mit seinem langem Rauschebart über diesen Plan gar nicht erfreut ist. Dann wiederum schlüpft Seidler mit wenigen Requisiten und verstellter Stimme in die Rollen des aufgeregten Teichhuhns, der stotternden Frösche oder der Euphrat-Schildkröte, die um ihre Heimat fürchten müssen. Und wenn Seidler Zacharias Ziegel, in Wirklichkeit ein Stoffstein mit Kulleraugen und Gossen-Slang, interviewt, dann ist das einfach der Hit. Regisseur Oliver Pauli kostet bei seinem Regiedebüt in Gießen die Möglichkeiten des Figurentheaters herrlich unbekümmert aus. Aus Alltagsgegenständen werden im Handumdrehen »babbelnde« Wesen. Und Thomas Döll hat mit seinem um einen Sandkasten gruppierten Bühnenbild voller Schilfhalme und Sterne eine bezaubernde Bühnenwelt geschaffen.
Marcel Sartor im Percussionsektor samt Xylophon und Andreas Jamin an der Posaune (musikalische Einstudierung Martin Spahr) kreieren auf der Bühne Klänge und Rhythmen. Und schließlich ist auch das Publikum dabei, wenn es darum geht einen Turm aus Musik entstehen zu lassen – ein Angebot, das die Kinder prompt annehmen, indem sie mitmatschen, mitklatschen und mitsingen. Auch wenn die Melodien der Kinderoper nicht immer gleich Ohrwürmer sind – den Song der Faulenzersocken »Baut den Turm bloß nicht zu hoch« bekommt wohl niemand mehr so schnell aus dem Ohr.
Karola Schepp, 15.01.2018, Gießener Allgemeine Zeitung