"Die kleine Hexe", wer kennt sie nicht? Seitdem 1956 Otfried Preußler seinen mittlerweile in 46 Sprachen übersetzten Kinderbuchklassiker veröffentlicht hat, sind schon ganze Generationen von Kindern und Eltern mit den spannenden Geschichten des zauberkundigen Mädchens und ihres Raben Abraxas vertraut. Nun hat das Stadttheater mit Unterstützung von Dramaturgin Cornelia von Schwerin eine eigene Theaterfassung vorgelegt. Pünktlich zur Vorweihnachtszeit wird das Familienstück für alle ab sechs Jahren in einer Inszenierung von Stephanie Kuhlmann im großen Haus präsentiert. Gestern war Premiere, und nach dem Applaus der zahlreichen Besucher zu schließen, kam das Stück bei Klein und Groß bestens an.
Der Vorhang geht auf: Schon das Bühnenbild (Lukas Noll) und die fantasievollen Kostüme (Anika Klippstein) ziehen alle Blicke auf sich. Eine bunt schillernde kleine Hexe und ein kohlschwarzer Rabe mit Punkfrisur und Federn an der Kleidung, so stellt man sich das vor. Und mit Hilfe der Technik lässt sich doch allerhand machen: Es kracht und blitzt in allen Farben, Rauch steigt auf und in der Ferne ist Donnergrollen zu hören. Die kleine Hexe macht eine Zauber-Übung, doch es will nicht so richtig funktionieren. Dabei ist sie nur aufgeregt, weil sie in der Walpurgisnacht vor dem Hexenrat noch eine Prüfung absolvieren muss. Denn sie ist mit ihren 127 Jahren zu jung, um in der Walpurgisnacht mit den anderen Hexen auf dem Blocksberg rund ums Hexenfeuer zu tanzen. Doch die Oberhexe hat ihr versprochen, dass sie im nächsten Jahr mittanzen darf, wenn sie die Prüfung besteht und beweisen kann, dass sie eine gute Hexe ist.
Doch was heißt es, eine "gute Hexe" zu sein?
Auf jeden Fall hat die kleine Hexe fleißig gelernt und kann nun alle Zaubersprüche auswendig: Den Wind herbei hexen? Auf einem Besen reiten? Für die kleine Hexe kein Problem! Sogar den Schnupfen eines Maroniverkäufers kann sie vertreiben und die Papierblumen einer Marktverkäuferin duften lassen. Doch wird das reichen, um den Hexenrat von ihren Künsten zu überzeugen? Zu viel soll nicht verraten werden, auch wenn viele das Buch schon kennen.
In der Gießener Inszenierung gibt es zum Schluss jedenfalls einen ausgelassenen Freudentanz (Musik: Martin Spahr). Denn die kleine Hexe aus Gießen kann besonders gut singen und tanzen. Die Zeit der bösen Hexen ist jedenfalls vorbei.
Auch dieses Familienstück zur Weihnachtszeit wird in doppelter Besetzung gespielt. Mit: Marlene-Sophie Haagen/Anne-Elise Minetti (Kleine Hexe), Lukas Goldbach/Pascal Thomas (Rabe Abraxas), Petra Soltau/Sebastian Songin (Muhme Rumpumpel), Milan Pesl/Thomas Wild (Krämer), Beatrice Boca/Carolin Weber (Holzweib).
Ursula Hahn-Grimm, 25.11.2016, Gießener Anzeiger