Der Jugendclub Tanz des Stadttheaters Gießen glänzt mit berühmten "Queens" der Zeitgeschichte auf der taT-studiobühne.
Einen Volltreffer landeten die energiegeladenen Mitglieder des Jugendclubs Tanz jetzt in der taT-Studiobühne des Stadttheaters. "Queens" heißt die Revue der Königinnen, die hier zu erleben ist. Choreografin und Leiterin Terry Pedersen Pfeiffer führte die jungen Tänzerinnen und Tänzer zu einer enorm ausdrucksstarken, spannenden und höchst attraktiven Darbietung. Die Zuschauer der Premiere am Donnerstagabend waren völlig aus den Häuschen und applaudierten schließlich, was das Zeug hielt.
Bob Dylans "Twist of fate" erklingt aus den Lautsprechern, während sich die Statuen bekannter Königinnen vergangener Jahrhunderte im Wachsfigurenmuseum bewundern lassen: Cleopatra, Agrippina, Wu Zetian, Isabella von Kastilien, Elizabeth I., Maria Stuart und Marie-Antoinette - all diese Frauen nahmen Einfluss auf den Hergang der Geschichte. Sie waren Kaiserinnen, Königinnen, Herrscherinnen über die mächtigsten Reiche ihrer Zeit. Doch plötzlich geschieht etwas Seltsames in diesem Museum: Zwei Besucher werden hineingesogen in die Welt der Königinnen und erleben eine spannende Reise durch die Zeit. Soweit der Plot
Dylan, Beatles, Queen
Zunächst lässt sich die bemerkenswerte Eleganz wahrnehmen, mit der die Eingangsszene aufgebaut und gespielt wird. Die Königinnen werden gleichsam vorgestellt, jede begleitet von einem Hofstaat, und auch die Begleiterinnen agieren mit verschiedenen, zeittypischen Choreografien, während ein junges Zeitreise-Paar staunend die Szenerie wahrnimmt - um später selbst in die Geschichte einzugreifen. Schon dieses Bild ist ein Genuss. Originelle und farbenprächtige, geschmackvolle Kostüme machen Eindruck, während die Königinnen nicht nur schön anzusehen sind, sondern auch die Atmosphäre ihrer Zeit verströmen. Dazu läuft eine Musikcollage, die in das Stück "Oh Darling" von den Beatles übergeht. Königin Cleopatra, Besucher und Hofstaat nehmen den knackigen Rhythmus mit großer Coolness auf, und man fühlt die Gesamtheit von Musik, Bewegung und durch Kostüme und Choreografie geschaffener Atmosphäre. Eingestreut sind Aspekte von Anziehung und Zurückweisung, die mit einem Schuss Humor ausgeführt werden.
Bemerkenswert ist die Geschlossenheit des Ensembles, das schon hier und konsequent bis zum Schluss mit differenziertem Ausdruck und expressiven Details glänzt. Nichts hält das Publikum dann von einem heftigen Zwischenapplaus ab.
Der Abend läuft nach einem musikalischen Plan mit präzise kalkulierten Anschlüssen, gespielt werden Titel von "Queen", "Led Zeppelin" und "Jethro Tull", die sich allesamt als verblüffend tanzbar erweisen. Die verschiedenen Bühnen-"Queens" und ihre Gruppen weisen allesamt individuelle Stile auf, die bei Marie-Antoinette besonders authentisch gelungen sind.
Allerdings fällt es schwer, einzelne Programmpunkte herauszuheben. Denn zu sorgfältig und präzise ist jede einzelne Choreografie ausgeführt. Besonders erwähnenswert ist die expressive Kompetenz der jungen Tanzenden, hier sind alle ganz bei der Sache, und diese Konzentration wird auch bis zum Ende gehalten. Das gleiche gilt für die tänzerische Geschlossenheit, die die teilweise sehr jungen Ensemble-Mitglieder aufbringen. Gesteigert wird der Eindruck noch von der gelassenen Übereinstimmung mit dem Groove, der zu sehen und spüren ist.
Dieses Ensemble will gemeinsam etwas vollbringen, gibt sich ganz hin und lässt die Unterschiede zwischen jüngeren und erfahrenen Tanzenden praktisch verschwimmen, weil die Gesamtrichtung stimmt. Ein Glanzlicht des tollen Abends ist die Szene des englischen Hofes mit besonders gutem tänzerischem Groove. Köstlich ist der Auftritt von Königin Isabella von Kastilien, wild geschnitten tönen plötzlich die Comedian Harmonists mit diesem Titel aus den Lautsprechern.
Choreografin und Leiterin Terry Pedersen Pfeiffer hat sich in Musikauswahl, Gestaltung und Choreografie, gemeinsam mit dem Ensemble, einmal mehr selbst übertroffen. Das handwerkliche Niveau und die generelle Ausgewogenheit und Dichte dieser Produktion sind überragend und ein Hauptspaß, der von enormem Applaus gewürdigt wird. Empfehlung des Kritikers: sofort Karten besorgen!
Es tanzen: Marla Emely Adler, Myriel Bischoff, Sophie Geißler, Emma Herrmann, Lilith Amanda Isheim, Evelyn Janetzky, Hermann Kron, Luna Aimée Laggner, Simon Leib, Marisa Lenz, Christina Mantzelas, Victor Marc, Johanna Rau, Ida Rupp, Malik Salih, Anastasia Steinborn, Lara Steuer und Méline Wölfel.
Heiner Schultz, 24.01.2020, Gießener Anzeiger