Zehn Jahre Mittagskonzerte im Hermann-Levi-Saal: Für die Oberbürgermeisterin ist immer ein Stuhl frei
Seit zehn Jahren beglücken die Mittagskonzerte im Konzertsaal des Rathauses ihr treues Publikum. Das Jubiläumskonzert fiel nun sogar besonders geglückt aus. Auch diesmal begeisterten die vielseitigen Gießener Philharmoniker ihr Publikum mit enormer Spielfreude und höchster Handwerkskunst.
Oberbürgermeisterin und Kulturdezernentin Dietlind Grabe-Bolz gehört zum Stammpublikum. Ihr wird daher immer ein Stuhl reserviert. „Dies ist etwas ganz Besonderes,“ gratulierte sie zum Jubiläum, „es bietet Ausgleich und Musikgenuss und wird auch noch fachkundig moderiert. Schön, dass es durch die Jahre so ein riesiges Interesse gibt.“
Moderator Berthold Cremer, bestens disponiert („Dies ist der Spielplatz des Orchesters“), erinnerte an die Anfänge als „2009 der damalige Generalmusikdirektor Carlos Spierer die Reihe ins Leben rief. Damals noch unter dem Titel „Rathaus- und Mittagskonzerte“. Er moderierte anfangs selbst, was inzwischen die Orchestermitglieder übernehmen. Die besorgen alles selbst: Noten und Aushilfen werden aus der Kaffeekasse bezahlt, und natürlich stammt auch das Repertoire von ihnen.
Los ging’s diesmal mit einer strahlenden Fanfare mit neun Blechbläsern aus Humperdincks „Hänsel und Gretel Suite“. Das folgende Celloquartett sorgte mit Schlagermelodien aus alten UFA-Filmen für gute Laune. Schmelzender Schmäh, ein sanfter Groove, mit Gefühl, kamen die Stücke bei den zahlreichen Zuhörern bestens an. Glanzlicht war der Titelsong des 1929 entstandenen Films „Wer wird denn weinen, wenn man auseinander geht“: erst effektvoll verzögert, dann heiter beschwingt und wieder langsam, aber intensiv. Es folgte mit Verve „Mein Gorilla hat ’ne Villa im Zoo“ – wunderbar. Das Publikum war entflammt und applaudierte sich ein Weihnachtsmedley als Zugabe. „White Christmas“, „Leise rieselt der Schnee“, „Jingle Bells“ und zum Abschluss einen Schlager.
Dann übernahmen die Blechbläser samt Kontrabass die Bühne und stiegen mit einem zauberhaften „Abendsegen“ ein, weich und warm, aber nicht zu süß. Alles hochdicht und transparent musiziert, ihr Abschluss gelang charmant mit einem Älpler. So bewies dieses Konzert einmal mehr, dass es sich um eine attraktive Reihe handelt, die vom Publikum wegen der Qualität und Spielfreude der Musiker geliebt und ausnahmslos mit rauschenden Beifall bedacht wird.
Heiner Schultz, 21.12.2019, Gießener Anzeiger