Was der Klimawandel anrichtet, wird derzeit in Australien sichtbar, wo Milliarden von Tieren in Flammen umkommen und Flora und Fauna großen Schaden nehmen. Ein ähnliches Szenario entwirft Andreas Mihan in seinem Stück für Kinder ab zehn Jahre in der Studiobühne. Hier sind im Jahr 2055 alle Tiere ausgestorben. Nur Moby Dick lebt.
Im wahren Leben kämpft die Klimaaktivistin Greta Thunberg gegen den von Menschen gemachten Klimawandel. Im Stück "Moby Dick" von Andreas Mihan, das am Donnerstagabend auf der taT-Studiobühne Uraufführung hatte, ist es das Mädchen Great, das in einer düsteren Zukunftsvision für das Jahr 2055 mit den Folgen der Erdüberhitzung zu tun hat und nach einer Lösung sucht.
In Greats Welt gibt es keine Tiere und Pflanzen mehr und die verbliebenen Menschen wohnen in Gewächshäusern. Nur Greats Vater fährt im Schlauchboot über die Meere. So besessen wie einst Käpt’n Ahab jagt er das angebliche Monster Moby Dick, das seine Frau getötet haben soll. Great bleibt nur der umgebaute Saftarm und Roboter Holoraum als Ansprechpartner und Aufpasser. Doch Great wäre nicht tatsächlich "großartig", wenn sie nicht ausbrechen würde aus dieser Tristesse. Trotz Verbot zieht sie einen Fisch auf, schließt Freundschaft mit Moby Dick und zeigt am Ende, dass es eigentlich gar nicht so schwer ist, das Klima "great again" zu machen.
Sci-Fi-Sounddesign
Andreas Mihan hat die fantastische Geschichte über Freundschaft und die Rettung der Welt für Kinder ab zehn Jahre als spaciges Science-Fiction-Abenteuer geschrieben. Christine Ruynats Bühnenbild - mit futuristischem Labor, einem fast schon sympathischen Holoraum-Schlauch mit Kameraauge und einem riesigen Plastiksack als Moby Dick - bietet dafür einen immer wieder überraschenden Spielraum. Das Sounddesign von Peter Breitenbach sorgt für echte Science-Fiction-Atmosphäre.
Das rund einstündige "Schauspiel mit Objekten" lebt vom spielfreudigen Einsatz der beiden Schauspieler. David Moorbach verkörpert den etwas verpeilten Vater, der sich mit dem Schlauchboot auf Walfang begibt. Als Steuerer des Holoraum-Arms bleibt er im Hintergrund, aber dennoch im Dauereinsatz. Esra Schreier ist mit Greta-Zöpfen und kindlicher Neugierde die 2055er-Inkarnation von Greta Thunberg, nur eben in einer "großartigen" Neon-Version.
Mihans Stück gelingt der Drahseilakt, das ernste Thema Klimaschutz kindgerecht, aber auch durchaus unterhaltsam aufzubereiten. Wenn auch zu Beginn für Zehnjährige vielleicht ein bisschen zu textlastig, nimmt das Stück schnell Fahrt auf, bietet überraschende Momente und ein alle Sinne anregendes Bühnenbild. Mihan versteht es, das junge Publikum auf Augenhöhe anzusprechen, auch komplexe Themen in deren Sprache zu benennen und mit viel Fantasie aufzubereiten. Da macht Zuschauen Spaß - nicht nur Kindern und Jugendlichen.
Karola Schepp, 18.01.2020, Gießener Allgemeine Zeitung