Pinguine sind cool – und nett. Sie lassen einen Freund niemals im Regen stehen. Was das mit Gott, dem Glauben und Noahs Rettungsaktion zu tun hat, können Kinder ab sechs Jahren nun im Stadttheater erleben. Ulrich Hubs »An der Arche um acht« ist dort das Familienstück zur Weihnachtszeit: voller Turbulenzen und Tiefgang.
Ein begeisterndes Bühnenbild, rockig-poppige Songs und eine herzergreifende Geschichte – was will man mehr als Familienstück zur Weihnachtszeit? Das Stadttheater bietet all das nun mit dem preisgekrönten Stück »An der Arche um acht« von Ulrich Hub und zeigt, dass auch tiefgründige Themen wie der Glaube an Gott unterhaltsam und kindgerecht, aber auch ganz schön spannend auf der Bühne Thema sein können. Das Familienstück zur Weihnachtszeit inszeniert Schauspieler Lukas Goldbach, der erstmals auf der großen Bühne Regie führt.
Und man merkt, dass sich Goldbach nicht nur als Darsteller im taT-Dauerbrenner »Der dickste Pinguin vom Pol« mit den putzigen Frackträgern auskennt, sondern auch ein Gespür für das hat, was Kindern im Grundschulalter gefällt. Seine drei Pinguine rollen auf vereisten Skateboards zu ihren Schollen, knuffen sich gegenseitig wie auf dem Pausenhof und nehmen die Ermahnungen der Taube, die vor der nahenden Sintflut warnt, mit viel Humor – und dabei gibt es doch für die drei Pinguin- Freunde nur zwei Tickets für Noahs Arche. Noah selbst ist ein grooviger Rockopa, den Lukas Noll mit E-Gitarre und pinkem Glitzermantel ausgestattet hat. Henrik Loos spielt diesen Noah, der mit Sonnenbrille und Rauschebart auch schon mal härte Rockklänge anschlägt, und hat außerdem einige Ohrwurmsongs komponiert.
Und auch Lukas Nolls Bühnenbild ist eine Wucht. Wer glaubt, dass es in den Weiten der Antarktis nur Eis und Meer gibt, der wird schnell eines Besseren belehrt. Beeindruckend dunkle Wolken fallen vom Himmel auf die Erde herab. Als die Sintflut beginnt, türmt sich eine riesige, bis zur ersten Zuschauerreihe reichende Stoffbahn zu monströsen Wellen auf. Das wirkt ganz schön dramatisch. »Werden es die zwei Pinguine mit ihrem Freund als blindem Passagier noch rechtzeitig auf das Rettungsboot schaffen?«, fragen sich die mitfiebernden Zuschauer. Doch schon sind die Pinguine im Bauch des Schiffs, klettern an Stangen und Netzen rauf und runter und staunen am Ende nicht schlecht, als die Arche endlich auf Land trifft und sie dort Noah in einer herrlich bunten Fantasiewelt aus Blumen und flatternden Schmetterlingen willkommen heißt. Kein Wunder, dass am Ende alle zum groovigen Reggae-Sound singen und klatschen.
Bei all dem Spaß blitzen aber auch immer wieder ernste Themen auf, ohne den kleinen Zuschauern das Vergnügen zu trüben. Kann man an Gott glauben, obwohl man ihn nicht sehen kann? Warum straft Gott die Menschen? Und wie fühlt es sich an, wenn man seine Heimat verlassen muss oder über unterschiedliche Ansichten streitet? Und natürlich ist der im Meer treibende Plastikmüll auch in der Antarktis angekommen. Es finden auch die ohnehin letzten beiden Nashörner auf dem Globus Zuflucht auf der Arche und dank Klimaerwärmung flattert auch schon mal ein Schmetterling in der Antarktis.
In der Premierenvorstellung am Montag spielten Stephan Hirschpointer, Johanna Malecki und David Moorbach die drei Pinguine herrlich ungekünstelt und mit Freude am Singen und Watscheln. Paula Schrötter zeigte als gestresste Taube, dass sie, wenns drauf ankommt, auch mit Absicht wunderbar schräg singen kan. Und Henrik Loos war als gechillter Noah mit Loopstation und Luftblasenpfeife ohnehin der Coolste von allen. In weiteren Vorstellungen werden auch Pascal Thomas, Esra Schreier und Magnus Pflüger das Pinguintrio und Vanessa Diana Wirth die Taube spielen: Turbulenz mit Tiefgang ist garantiert.
Karola Schepp, 26.11.2019, Gießener Allgemeine Zeitung